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Der freie Wettbewerb ist eines der wichtigsten Säulen der Marktwirtschaft. Ihn zu überwachen obliegt den Wettbewerbsbehörden, in Deutschland vor allem dem Bundeskartellamt. Dies hat kürzlich Ermittlungen gegen die AVM Computersysteme Vertriebs GmbH, den Hersteller der FRITZ!-Produktreihe, abgeschlossen und gegen sie, sowie einen ihrer verantwortlichen Mitarbeitenden Bußgelder in Höhe von insgesamt knapp 16 Millionen Euro verhängt. Der Grund: vertikale Preisbindung im Umgang mit sechs Elektronikfachhändlern.

 

I. Anonyme Eingaben im Hinweisgebersystem des Bundeskartellamtes

AVM ist bekannt für seine „FRITZ!“-Produkte, zu denen Router, Repeater, Telefone und Smart-Home-Geräte gehören. Das Unternehmen zählt sich zu den führenden Anbietern im Bereich Breitbandanschluss und digitales Zuhause in Deutschland und Europa. Nach Eingang eines anonymen Hinweises im Hinweisgebersystem (BKMS) des Bundeskartellamts (BKartA) und weiteren Hinweisen aus dem Markt ermittelte das BKartA gegen AVM. Es wirft AVM vor, über Jahre hinweg die freie Preisbildung beim Vertrieb seiner Produkte eingeschränkt zu haben.

II. AVM und die vertikale Preisbindung

Nach den Erkenntnissen des BKartA haben Mitarbeiter von AVM mit den sechs beteiligten Elektronikfachhändlern Abreden über Endverbraucherpreise für AVM-Produkte getroffen. Durch Absprachen mit Elektronikfachhändlern wurden Endverbraucherpreise angehoben, um den Preiswettbewerb zu begrenzen. Dies betraf insbesondere die Einführung und Durchsetzung von Mindestverkaufspreisen (sog. Zielpreise). Die Endverbraucherpreise der Händler wurden dabei von AVM-Mitarbeitenden fortlaufend beobachtet, wobei nebst eigenen Recherchen im stationären Handel und über Preisvergleichsdienste im Internet auch eine spezielle Software verwendet wurde, die jedenfalls seit Mitte 2019 zum Einsatz kam. Lagen die Endverbraucherpreise in hohem Maße unter den sog. Zielpreisen griff AVM fortlaufend ein, insbesondere, wenn Händler unzureichende Margen monierten. In vielen Fällen folgten Händler nach den Interventionen von AVM deren Aufforderungen und passten ihre Preise nach oben an.

Die Entscheidung wirf ein Schlaglicht auf ein wichtiges Thema im Kartellrecht: die Abstimmung über Mindestpreise zwischen Herstellern und Händlern.

Vertikale Preisbindungen betreffen Absprachen zwischen Unternehmen auf unterschiedlichen Produktions- oder Handelsstufen, wie zum Beispiel zwischen Herstellern und Einzelhändlern. Diese Absprachen können sich auf die Festsetzung von Mindestpreisen, Höchstpreisen oder festen Preisen für den Weiterverkauf von Produkten beziehen. Im Fall von AVM wurden Händler dazu angehalten, Mindestpreise einzuhalten, die über dem Einkaufspreis, aber unter der unverbindlichen Preisempfehlung lagen.

Preisabsprachen sind auf Grund ihrer Wirkung auf den Preismarkt nur in bestimmten und sehr engen Grenzen zulässig. Insbesondere in vertikalen Vertriebsvereinbarungen sollten sich die Vertragsparteien daher an den in der Rechtsprechung entwickelten und den von der Europäischen Kommission in den Vertikal-Leitlinien genannten Grundsätzen orientieren.

III. Fazit und Praxishinweis

Diese Entscheidung des Bundeskartellamts sendet ein klares Signal an die Marktteilnehmer: Verstöße gegen das Verbot der Preisbindung werden nicht toleriert und streng geahndet. Sie verdeutlicht die Risiken und Konsequenzen vertikaler Preisbindungen. Für Unternehmen auf beiden Seiten ist es essenziell, die rechtlichen Rahmenbedingungen im Wettbewerbs- und Kartellrecht zu kennen und einzuhalten. Verstöße können nicht nur erhebliche Bußgelder zur Folge haben, sondern auch den Ruf und die Marktposition nachhaltig schädigen.

Darüber hinaus zeigt die Entscheidung auch die Wirksamkeit des Hinweisgebersystems (BKMS) und die Entschlossenheit der Wettbewerbsbehörden, gegen marktschädigende Praktiken vorzugehen. Ein Fallbericht wird in Kürze auf der Website des Bundeskartellamts veröffentlicht und wird weitere Details und Erkenntnisse zu diesem Fall enthalten.

Unternehmen sollten ihre Preispolitik sorgfältig prüfen und sicherstellen, dass auch ihr Informationsaustausch mit Händlern den Vorgaben der nationalen und europäischen Wettbewerbshüter entspricht. Sprechen Sie uns gerne an, um mögliche Risiken in ihren Verträgen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.