Angesichts der Informationsfülle im Internet ist eine Vereinfachung der Suche durch das Setzen von Hyperlinks (kurz: Links) für eine sinnvolle Nutzung unerlässlich. In rechtlicher Hinsicht stellt sich jedoch die Frage ob (1) das Setzen von Links generell zulässig ist und (2) inwiefern bei rechtswidrigen oder strafbaren Inhalten auf der Zielseite eine Haftung des Linksetzenden entstehen kann. Im Fokus steht dabei die Problematik, ob und inwieweit der Verlinkende sich den Inhalt der externen Websites zu eigen macht.
Für die rechtliche Bewertung ist zunächst eine Unterscheidung der verschiedenen Link-Typen von Bedeutung:
- Interne Links: leiten den Nutzer innerhalb einer Webseite weiter.
- Surface Links: verweisen auf die Startseite einer externen Webseite (z.B. http://www.wikipedia.org/).
- Deep Links: verweisen direkt auf tieferliegende Seiten (z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Haftung_für_Hyperlinks).
- Hotlinks: Inhalte werden in die eigene Webseite eingebunden, ohne dass die externe Herkunft für den Nutzer ersichtlich wird (embedded content). Das Framing ist ein Spezialfall hiervon und ermöglicht es, größere Teile eines externen Angebots in definierte Bereiche der eigenen Webseite (Frames) einzubinden.
(1) Zulässigkeit der Linksetzung
Surface Links und Deep Links
Surface Links sind laut der Rspr. zulässig, da der Linksetzende erkennbar macht, dass es sich um einen fremden Inhalt handelt. Das Setzen eines einfachen Links auf eine Website mit rechtlich zulässigem Inhalterleichtert lediglich den Zugriff auf eine fremde Seite, die der Öffentlichkeit ohnehin zugänglich ist.
Dies gilt, zumindest dann, wenn keine Schutzmechanismen umgangen werden, grundsätzlich auch für Deep Links. Derjenige, der eine Website in das Internet stellt, muss mit elektronischen Verweisen rechnen und bringt grundsätzlich auch zum Ausdruck, dass er sich mit der Verlinkung seiner Webseiten einverstanden erklärt, zumal er den Zugriff auf tieferliegende Seiten durch technische Maßnahmen verhindern kann (BGH, Urteil v. 17.07.2003, Az. I ZR 259/00 – Paperboy). Dadurch wird jedenfalls das Vervielfältigungsrecht eines Werkes i.S.d. § 16 UrhG nicht verletzt und auch UWG-Tatbestände greifen hier in der Regel nicht.
Hotlinks bzw. Framing
Problematischer ist hingegen der Fall des Hotlinkings bzw. Framings. Hierbei kann nämlich nicht einfach darauf abgestellt werden, dass der verständige Durchschnittsnutzer die Fremdheit des Inhalts erkennt. Nach aktueller Rechtslage ist das Embedding von Fremdinhalten jedoch grundsätzlich erlaubt.
Die Einbindung urheberrechtlich geschützter Inhalte (z.B. Text, Video, Bild) in die eigene Website via Framing ist zulässig, wenn das Werk auf der fremden Webseite mit Zustimmung des Rechteinhabers hochgeladenwurde. Hierzu entschied der BGH (BGH, Urteil v. 09.07.2015, Az. I ZR 46/12 – Die Realität II) nach Vorlage bei dem EuGH, dass ein Video, welches auf der eigenen Seite bereitgestellt wird, beim Anklicken jedoch über die externe Internetseite Youtube gestreamt wird, keine Urheberrechtsverletzung darstelle. Argumentiert wird auch hier, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des Framing kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhGdarstelle, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.
Die praktischen Folgen sind weitreichend, da sich das Urteil nicht nur auf Videos bezieht, sondern auch auf Bilder, Fotos und ggf. Texte. Letztlich darf jeglicher öffentlich zugänglich gemachte Inhalt eingebettet werden.
Fälle unzulässiger Einbindung
Vorsicht ist jedoch geboten, wenn die verlinkte Quelle rechtsverletzend ist oder Schutzmechanismen umgangen werden.
Greift das Framing auf eine rechtswidrige Quelle zurück, die also ohne Zustimmung des Rechteinhabers in das Internet gestellt wurde, so ist eine haftungsbegründende öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts gegeben. Zudem hat der EuGH (EuGH, Urteil v. 09.03.2021, Az. C-392/19) zuletzt entschieden, dass die Einbettung eines zwar mit Einwilligung des Rechtsinhabers frei zugänglichen Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing auch dann eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des UrhG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegenFraming erfolgt.
Folgen für die Praxis
Grundsätzlich kann man also beispielsweise einen Internetshop so gestalten, dass sämtliche Produktfotos aus anderen Quellen auf der Seite eingebettet werden. Praktische Probleme ergeben sich aber daraus, dass sich derjenige, der den Frame erstellt, nicht sicher sein kann, ob das Bild oder der Film, den er als Quelle benutzt, mit Zustimmung des Urhebers ins Netz gestellt wurde.
(2) Haftung für rechtswidrige Inhalte
Dies führt zu der von der vorgenannten Problematik zu trennenden Frage der Haftung für Links auf Webseiten mit rechtswidrigen Inhalten (urheberrechtswidrige, wettbewerbswidrige oder strafrechtlich relevante Inhalte).
Zueigenmachen
Auf die Haftungsprivilegien der §§ 8 ff. TMG kann sich derjenige, der einen Hyperlink auf die Webseite eines Dritten setzt, grundsätzlich nicht berufen.
Der BGH differenziert zunächst danach, ob sich der Inhaber der Internetseite durch den Hyperlink Inhalte zu eigen gemacht hat, sodass der Verkehr sie ihm zurechnet. Dann ist er wie der Content-Provider voll verantwortlich. Ob ein „Zueigenmachen“ des verlinkten Inhalts vorliegt, kann anhand von Kriterien des BGH im Wege einer Gesamtschau geprüft werden (BGH, Urteil v. 18.06.2015, Az. I ZR 74/14 – Haftung für Hyperlink):
- Ist der Link ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells des Verlinkenden?
- Wird offen oder versteckt für eigene Produkte geworben?
- Wird das eigene Angebot vervollständigt?
- Handelt es sich um einen allgemeinen oder einen Deep Link?
Durch das Framing macht sich der Plattformprovider die Inhalte der fremden Seiten regelmäßig zueigen und kann für dort begangene Rechtsverstöße haftbar gemacht werden. Es handelt sich jedoch stets um eine Einzelfallbetrachtung.
Verletzung zumutbarer Prüfpflichten
Fehlt es an einem Zueigenmachen haftet der Verlinkende darüber hinaus jedoch nach den Grundsätzen der Störerhaftung bzw. aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht spätestens dann, wenn er zumutbare Prüfpflichten verletzt hat
Eine proaktive Überwachungspflicht bzgl. aller verlinkten Inhalte ist hier aber nicht zumutbar. Ist ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Seite nicht klar erkennbar, haftet der Linksetzende erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt, sofern er sich den Inhalt nicht zu eigen gemacht hat. Erfolgt also ein konkreter Hinweis auf eine Rechtsverletzung, ist der Linksetzende zur Prüfung der Rechtslage und ggf. zur Beseitigung des Links verpflichtet.
Bei der Frage nach dem konkreten Umfang der Prüfung variiert die hierfür maßgebende Zumutbarkeit je nach Geschäftsmodell. Bei Internet-Marktplätzen oder File-Hosting-Diensten wird eine klare Rechtsverletzung verlangt (BGH, Urteil v. 05.02.2015, Az. I ZR 240/12 – Kinderhochstühle im Internet III), weil weitergehende Prüfungspflichten das von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte Geschäftsmodell dieser Anbieter in Frage stellen könnten und daher unzumutbar sind.
Eine vergleichbare Interessenlage besteht allerdings nicht bei der Verwendung nur weniger Hyperlinks, die kommerziellen Internetseiten lediglich ein zusätzliches Informationsangebot hinzufügen, das für die dortigen Angebote aber weder essenziell ist noch ihren Wert oder Nutzen steigert. Es ist dann zumutbar, dass jene Plattformbetreiber bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen prüfen müssen, ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Rechtsverletzung klar erkennbar ist. Dabei hat der Betreiber das Risiko von Fehleinschätzungen der Rechtslage zu tragen und sieht sich mitunter rechtlich komplexen Fragestellungen gegenüber. Kommt der Plattformbetreiber seiner Beseitigungspflicht durch Löschung im Sinne des notice-and-take-down Prinzip sodann nach, verletzt er seine Prüfpflicht letztendlich jedenfalls nicht und Enthaftung tritt ein.
Für die Prüfung von Rechtsverletzungen ist zuletzt noch zu bedenken, dass nach Art. 5 GG Links auf rechtswidrige oder strafbare Inhalte grundsätzlich im meinungs- oder wissenschaftsrelevanten Kontext geschützt sind (Relevante Entscheidungen: BGH, Urteil v. 01.04.2004, Az. I ZR 317/01 – Schöner Wetten; BGH, Urteil v. 14.10.2010, Az. I ZR 191/08 – AnyDVD).
Fazit: Die Haftungsfrage bedarf einer Einzelfallprüfung
- Bei gewöhnlichen Hyperlinks treffen den Setzer des Links in der Regel nur eingeschränkte Prüfpflichten zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit der auf fremden Seiten angebotenen Inhalte, da hier in der Regel kein Zueigenmachen der Fremdinhalte vorliegt. Eine Haftung lässt sich dann nur begründen, wenn die rechtswidrigen Inhalte als solche leicht erkannt werden konnten oder der Linksetzende nach Hinweiserlangung seine Prüfpflichten verletzt.
- Bei Framing liegt in der Regel ein Zueigenmachen vor. Es bedarf jedoch stets einer Einzelfallprüfung, ob Inhalte tatsächlich zueigen gemacht wurden. Unter Umständen kann es dem Linksetzenden je nach Geschäftsmodell unzumutbar sein, präventiv Nachforschungen über die Rechtsmäßigkeit der Verlinkung anzustellen. Dies wurde für den Fall einer automatisierten Framing-Einblendung jedenfalls instanzgerichtlich bejaht (LG Hamburg, Urteil v. 13.06.2017 – 310 O 117/17).
Schutzmaßnahmen
- Um eine Haftung auszuschließen, kann man davon absehen, fremde Inhalte auf der eigenen Website einzubetten (Hotlinks oder Framing) und stattdessen veranlassen, dass Links in einem neuen Browserfenster geöffnet werden. Um ganz sicher zu gehen, kann man auch anstelle von Deep Links Surface Links verwenden.
- Disclaimer sind zwar möglich, in der Regel aber nicht ausreichend um eine Haftung auszuschließen. Jedoch kann man am Frame einen Hinweis auf die Herkunft des eingebundenen Inhalts anbringen.
- Ab Kenntnisnahme der Rechtsverletzung sollte der Link jedenfalls dann entfernt werden, wenn der Rechtsverstoß klar ist.
Wichtige Rechtsprechung zu Hyperlinks
- BGH, Urteil v. 17.07.2003, Az. I ZR 259/00 – Paperboy
- BGH, Urteil v. 01.04.2004, Az. I ZR 317/01 – Schöner Wetten
- BGH, Urteil v. 14.10.2010, Az. I ZR 191/08 – AnyDVD
- BGH, Urteil v. 09.07.2015, Az. I ZR 46/12 – Die Realität II
- BGH, Urteil v. 18.06.2015, Az. I ZR 74/14 – Haftung für Hyperlink
- EuGH, Urteil v. 09.03.2021, Az. C-392/19 – VG Bild-Kunst/Stiftung Preußischer Kulturbesitz
BGH, Urteil v. 09.09.2021, Az. I ZR 113/18 – Deutsche Digitale Bibliothek II