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Immer häufiger wehren sich Presseverlage gegen Anzeigen auf Websites und in Amtsblättern, die von Kommunen betrieben werden. Nachdem sich der BGH unlängst bereits in drei Fällen mit der Thematik befasst hatte, bestätigt er auch in seiner neuesten Entscheidung, dass das Gebot der Staatsferne der Presse nicht allein für analoge, sondern auch für Online-Publikationen gilt.

Crailsheim, München, Dortmund: Über die Republik verteilt zeigte der BGH Kommunen in den letzten Jahren Grenzen auf. Während Gegenstand der ersten Entscheidung aus dem Jahr 2018 (BGH v. 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II) noch ein analoges Amtsblatt war, galten das zweite (BGH v. 14.7.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de) und dritte (BGH v. 13.7.2023 – I ZR 152/21 – muenchen.de) Urteil aus den vergangenen beiden Jahren jeweils einer kommunalen Website. Der BGH bejahte in allen drei Fällen einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse und somit ein wettbewerbswidriges Verhalten.

Das Gebot der Staatsferne der Presse, welches sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ableitet, ist eine Marktverhaltensregelung (§ 3a UWG) und bildet eine Schranke für die Öffentlichkeitsarbeit von Städten, Landkreisen und Gemeinden. Hierbei müssen die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankerte kommunale Selbstverwaltungsgarantie einerseits und die Institutsgarantie für die Presse aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG andererseits abgewogen und in einen Ausgleich gebracht werden.

Wenn private Unternehmen nicht mehr in der Tageszeitung oder deren Online-Ausgabe, sondern bei der Kommune im digitalen oder auch im Printbereich inserieren, fügen sie der Presse wirtschaftliche Verluste zu. Zwar besteht nach der Rechtsprechung des BGH kein generelles Verbot von kommunaler Anzeigenwerbung. Jedoch ist kommunale Anzeigenwerbung allein als „Randnutzung“ zulässig und darf nur eine untergeordnete Rolle in kommunalen Medien spielen.

An diese Grundsätze knüpfte der BGH in seiner neuesten Entscheidung (BGH v. 26.9.2024 – I ZR 142/23 – Jobbörse) an. Die Verlegerin einer Tageszeitung ging gegen den Landkreis Grafschaft Bentheim vor. Dieser bewarb in einem Online-Portal den Landkreis als Arbeits- und Lebensstandort, um somit dem Fachkräftemangel in der Region entgegenzuwirken. Unter der Rubrik „Der richtige Job“ waren etwa 300 Stellenanzeigen privater Unternehmen und öffentlich-rechtlicher Institutionen aufgeführt, die dort unentgeltlich inserieren durften. Der BGH sah hierin übereinstimmend mit der Klägerin ein wettbewerbswidriges Verhalten, das auf einem Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse beruhe.

Der Einwand der Kommune, der Betrieb der Jobbörse stelle schon keine geschäftliche Handlung dar, griff nicht durch (Rn. 18) Der Senat führte hierzu aus, die Stellenvermittlung gehe weit über den Kernbereich der Öffentlichkeitsarbeit hinaus und stelle den Haupt- und nicht lediglich den Nebeninhalt des Portals dar (Rn. 20). Eine reine „Randnutzung“ des Portals ist nicht bereits dadurch bedingt, dass die Rubrik der Jobbörse erst am untersten Ende der Startseite zu finden ist. Der Stellenwert der Jobbörse wird also nicht dadurch definiert, dass sie nur einen kleinen sichtbaren Teil der Gestaltung der Internetseite einnimmt. Auch ist nicht erforderlich, dass die fragliche Rubrik der tatsächlich meistbesuchteste Teil der Website ist (Rn. 32 f.).

Der BGH manifestiert somit zum wiederholten Male, dass der Schutz der privaten Presse auch im Internet voll gewährleistet ist. Den Kommunen sind hierbei enge Grenzen bei der Ausgestaltung ihrer Öffentlichkeitsarbeit gesetzt. Es ergibt sich somit für Städte, Gemeinden und Landkreise ein Drahtseilakt zwischen der Bewerbung des eigenen Standorts einerseits und der Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse andererseits.