Die Entwicklung der digitalen Märkte geht ungebrochen weiter, doch nicht ohne die wachsame Beobachtung durch die Kartellbehörden. Jüngstes Beispiel: Microsoft. Das Bundeskartellamt hat nun die Microsoft Corporation als Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb eingestuft. Damit unterfällt Microsoft gemeinsam mit seinen Tochterunternehmen der erweiterten Missbrauchsaufsicht des § 19a GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen).
§ 19a GWB als Antwort auf neue digitale Märkte
Mit dem 2021 in Kraft getretenen § 19a GWB hat das Bundeskartellamt ein mächtiges Werkzeug erhalten, um die Digitalisierung der Wirtschaft unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zu steuern. Die Norm ist eine Reaktion auf die zunehmende Verflechtung von digitalen Plattformen und Diensten, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten herauskristallisiert hat. Sie ermöglicht es der Behörde, proaktiv gegen Unternehmen vorzugehen, die marktübergreifend eine herausragende Bedeutung erlangt haben und dabei in der Lage sind, ihre Machtposition zum Nachteil des Wettbewerbs und der Verbraucher auszunutzen. Gerade im Bereich der digitalen Märkte, der durch Netzwerkeffekte, Größenvorteile, niedrige Grenzkosten gekennzeichnet sind, birgt das Risiko von Marktkonzentrationen.
Microsoft und die Missbrauchsaufsicht nach § 19a GWB
Microsoft reiht sich nun in eine Liste prominenter Tech-Giganten ein, die bereits ins Visier der Wettbewerbsbehörden geraten sind, darunter Amazon, Google und Meta. Der Software-Konzern dominiert den Markt für Betriebssysteme, Office-Software und Cloud-Services und hat sein Angebot durch Zukäufe, Eigenentwicklungen und die Erweiterung seiner etablierten Kernprodukte um neue Funktionalitäten kontinuierlich vergrößert. Microsoft-Produkte bilden heute in zentralen Anwendungsfeldern den Standard für Wirtschaft, Verwaltung und Privatnutzerinnen und -nutzer in Deutschland, Europa. Diese Marktstellung hat zur Folge, dass das Unternehmen über eine erhebliche wirtschaftliche Macht verfügt, die es ihm ermöglicht, weite Teile des digitalen Ökosystems zu beeinflussen; hier setzt § 19a GWB an.
Mit der Einstufung als Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb durch das Bundeskartellamt unterliegt Microsoft in Deutschland der besonderen Missbrauchsaufsicht und gibt dem Bundeskartellamt nach § 19a Abs. 2 GWB weitreichende Möglichkeiten Handlungen mit Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu untersagen oder zu regulieren.
Blick in die Zukunft: Verschärfung der kartellrechtlichen Aufsicht?
Die nun auch erfolgte Einstufung von Microsoft zeigt, dass das Bundeskartellamt die großen Tech-Unternehmen weiterhin unter verstärkter Beobachtung hält. Die Anwendung von § 19a GWB ist dabei aber nur ein erster Schritt. Sollten das Bundeskartellamt bei möglichen weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis kommen, dass Microsoft seine marktübergreifende Bedeutung in wettbewerbswidriger Weise ausnutzt, könnte dies zu erheblichen Auflagen oder gar strukturellen Maßnahmen führen, um die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern.
Für Unternehmen und Marktteilnehmer bleibt die Lage spannend: Die zunehmende Digitalisierung bringt nicht nur Chancen, sondern auch erhebliche Risiken für den Wettbewerb. In dieser dynamischen Landschaft kommt der Rolle der Kartellbehörden wachsende Bedeutung zu, um sicherzustellen, dass die Macht der Tech-Giganten im Zaum gehalten wird und Innovationspotenziale nicht durch übermäßige Marktkonzentration erstickt werden.
Das Bundeskartellamt hat erneut deutlich gemacht: Es beobachtet die digitalen Märkte mit strengem Blick. Unternehmen wie Microsoft müssen sich darauf einstellen, dass ihr Handeln unter strengster Aufsicht steht und potenzielle Verstöße konsequent geahndet werden. Die verstärkte Kontrolle soll sicherstellen, dass Innovation gefördert und der Wettbewerb lebendig bleibt. Die Beobachtungen beziehen sich jedoch nicht nur auf die Tech-Giganten, auch kleine und mittelständische Unternehmen auf besonders engen Märkten rücken immer mehr ins Visier der Wettbewerbswächter der Kartellbehörden.
Unternehmen, die in diesen dynamischen Märkten tätig sind, sollten jetzt proaktiv ihre Marktstrategien überprüfen, um sicherzustellen, dass sie die Anforderungen des verschärften Kartellrechts erfüllen.