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Die fortschreitende Digitalisierung führt zu einer Veränderung der Arbeitswelt und damit auch zur Entstehung gänzlich neuer Tätigkeitsmodelle. Nicht zuletzt aufgrund der Flexibilität erfreut sich vor allem das Crowdworking großer Beliebtheit. Crowdworking bezeichnet den Prozess der Auslagerung bestimmter Arbeitsschritte über digitale Plattformen. Dies wirft jedoch auch viele rechtliche Fragen zu Einordnung solcher Tätigkeitsmodelle auf.

So entschied das LAG München, dass die Vereinbarung eines Crowdworkers mit dem Betreiber einer Internetplattform, die keine Verpflichtung zur Übernahme von Aufträgen enthält, kein Arbeitsverhältnis begründet. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das LAG München die Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt zugelassen. (LAG München vom 4.12.2019, Az.: 8 Sa 146/19)

Die Beklagte betreibt eine Internetplattform und führt unter anderem für Markenhersteller Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen durch. Diese Aufträge werden dann an eine „Crowd“ vergeben. Der Abschluss der streitgegenständlichen Basisvereinbarung berechtigt Crowdworker dazu, über ein App die auf einer Internetplattform angebotenen Aufträge zu übernehmen. Bei erfolgter Übernahme ist ein Auftrag regelmäßig innerhalb von zwei Stunden nach bestehenden Vorgaben abzuarbeiten. Im vorliegenden Fall bestand weder eine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, noch umgekehrt eine Verpflichtung für den Auftraggeber, Aufträge anzubieten. Der Kläger wehrte sich gegen die Beendigung der Zusammenarbeit durch den Beklagten. Aus seiner Sicht bestand zwischen ihm und der Plattform ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

 

Das LAG München hat entschieden, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestand. Ein Arbeitsvertrag liege nach § 611a BGB nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsieht. Dies zeige sich im Allgemeinen daran, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten muss und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden ist. Das LAG stellte klar, dass ein Vertrag, der keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründet, kein Arbeitsvertrag ist. Daher ist eine Rahmenvereinbarung zwischen einem Crowdworker und der Internetplattform, die nur die Bedingungen der erst noch abzuschließenden Arbeitsverträge wiedergibt, selbst aber noch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründet, kein Arbeitsvertrag.

Die hohe Zahl der durch den Kläger erledigten Aufträge und die vom Kläger argumentierte Angewiesenheit der Einkünfte für seinen Lebensunterhalt bietet keine Grundlage dafür, einen vom Vertragstext abweichenden Geschäftsinhalt anzunehmen.

Ein Arbeitsverhältnis könnte sich daraus ergeben, dass die Parteien durch das Anklicken eines Auftrags seitens des Klägers jeweils ein auf den Ablauf des zur Erledigung zur Verfügung stehenden „Zeitfensters“ befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart haben, das mangels Wahrung der vorgeschriebenen Schriftform als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Da der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages jedoch nicht innerhalb der 3 Wochen Frist geltend gemacht hat wäre ein Mangel der gesetzlich vorgeschriebenen Form im vorliegenden Fall jedenfalls geheilt. Die Frage ob jede Auftragsannahme als Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu werten wäre, hat das Gericht daher wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offengelassen.

Fazit:

Die Entscheidung des LAG München schafft Rechtsklarheit für die stark zunehmende Beschäftigungsform des Crowdworkings. Unternehmen, die Aufträge an Crowdworker vergeben, haben bei der Vertragsgestaltung daran zu denken, dass Weisungen an den Crowdworker hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der Aufgabe möglichst gering ausgestaltet werden und der Crowdworker nicht in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingebunden wird.