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Die Debatte um die Monetarisierung von Videospielen ist längst zum Kernbestandteil der Gaming-Welt geworden. Ein Schwerpunkt liegt dabei seit längerem bei sämtlichen Formen von Lootboxen. Doch der stetige Wandel in der Technologie, Gesellschaft und Wirtschaft haben einen Herausforderer für die Lootbox als gängiges, langfristig angelegtes Monetarisierungssystem hervorgebracht: den Battle Pass.

Die Relevanz von Monetarisierungssystemen und -praktiken wurde nicht zuletzt durch den Vergleich über die Rekordsumme in Höhe von 520 Millionen USD (ca. 473 Millionen EUR) zwischen dem Fortnite-Entwickler Epic Games („Epic“) und der Federal Trade Commission („FTC“) der USA in das Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt. Epic wurde durch die FTC vorgeworfen, gegen den Children’s Online Privacy Protection Act (dem amerikanischen Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im Internet) verstoßen und Designtricks eingesetzt zu haben, um Millionen von Spieler:innen zu ungewollten Käufen zu verleiten, sog. Dark Patterns.

Mehr dazu können Sie auch in unserem Beitrag „FTC vs. Epic Games: Illegale Dark Patterns?“ erfahren.

Lootboxen: Aufstieg (und Fall?)

Neben DLC und weiteren digitalen Spielinhalten (wie einzelne Skins für Waffen und Charaktere) etablierten sich die Lootboxen in den vergangenen Jahren als einer der lukrativsten Monetarisierungssysteme in der Spieleindustrie.

Lootboxen sind rein virtuelle, mit zufälligen Spielinhalten (wie z.B. Skins, Waffen, Helden, Fähigkeiten etc.) gefüllte „Kisten“, welche zum Teil kostenfrei erspielt, jedoch vorwiegend mit Spielwährung oder Echtgeld erworben werden können. Die darin enthaltenen Spielinhalte sind nach Seltenheit kategorisiert und nur mit einer der Seltenheit entsprechenden Wahrscheinlichkeit auch als Inhalt in einer konkreten Lootbox zu finden.

In der jüngsten Vergangenheit fallen Lootboxen jedoch immer mehr in Ungnade. So wurden sie bereits im Jahr 2018 in Belgien gänzlich verboten. Auch die Niederlande hat im vergangenen Jahr ein landesweites Verbot in Aussicht gestellt. Hintergrund hierfür ist, dass Lootboxen immer mehr mit Glücksspiel verglichen und somit insbesondere Kinder und Jugendliche als Zielgruppe vieler Spiele als besonders gefährdet erachtet werden. Die österreichische Rechtsprechung zu Lootboxen spitzt sich zudem durch Rückzahlungsansprüche von Verbrauchern gegen Anbieter zu (vgl. unseren Beitrag „Gaming: Glücksspiel-Urteil in Österreich – Sony muss Lootbox-Kaufpreis erstatten“).

Die Debatte ist auch in Deutschland angekommen. Mit der am 1. Mai 2022 in Kraft getretenen Novellierung des Jugendschutzgesetzes wurde besonderen Wert auf den Kinder- und Jugendmedienschutz gelegt. Mit dem § 10b Abs. 3 JuSchG wurden u.a. insbesondere „Risiken durch glücksspielähnliche Mechanismen“ und „durch Mechanismen zur Förderung eines exzessiven Mediennutzungsverhaltens“ als „Risiken für die persönliche Integrität von Kindern und Jugendlichen“ anerkannt. Gegen derartige Mechanismen können Vorsorgemaßnahmen nach § 24a Abs. 1 und 2 JuSchG ergriffen werden. Ab dem 1. Januar 2023 gelten auch bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) neue Regeln bei der Prüfung von neu eingerichteten digitalen Spielen. Dabei werden insbesondere In-Game-Käufe, Chats und Lootboxen als Prüfkriterien bei der Alterseinstufung aufgenommen werden.

Battle Pass: Zukunft des Gaming?

Um diesem Trend entgegenzuwirken und eine Gefährdung der eigenen Monetarisierung vorzubeugen, haben die größten Computerspielehersteller (u.a. Epic Games, Activision Blizzard, Ubisoft) bereits neben zahlreichen Mobile- und Browser-Games auch in einigen der am meisten gespielten Tripple-A Spiele (wie z.B. Fortnite, Overwatch 2, Call of Duty: Warzone, Rainbow Six Siege usw.) neue Monetarisierungsmodelle entwickelt und implementiert.

Der sogenannte „Battle Pass“ ist dabei auf dem Vormarsch. Der Battle Pass belohnt Spieler:innen für das aktive Spielen des Computerspiels und für die Erreichung bestimmter Ziele im Spiel (z.B. „Gewinne 3 Matches“) mit Erfahrungspunkten o.ä. und für das Erreichen von Meilensteinen (wie z.B. ein Level). Dieses Modell wird überwiegend in Free-to-Play-Spielen verwendet, um eine feste und einigermaßen planbare Finanzierung für die fortdauernde Entwicklung und Wartung des jeweiligen Computerspiels zu gewährleisten.

Die Battle Passes sind dabei in der Regel so ausgestaltet, dass sie neben kostenfreien Belohnungen auch kostenpflichtige (premium) Belohnungen enthalten. Die Spieler:innen können sich vor dem Erwerb des Battle Pass sämtliche Inhalte im Vorfeld anschauen und die Erwerbsentscheidung davon abhängig machen. Ein nachträglicher Kauf der Premiumversion des Battle Pass‘ schaltet dabei rückwirkend Belohnungen für bereits erreichte Level und Ziele frei. Spieler:innen haben zudem häufig die Möglichkeit, neben dem Battle Pass selbst, auch gezielt verschiedene Level zu kaufen, damit sie eine bestimmte Belohnung erhalten können, ohne dafür die notwendige Spielzeit zu investieren.

Rechtsfragen zum Battle Pass

Mit dem Aufstieg eines neuen Monetarisierungsmodells im Gaming steigen auch die Fragen zu dessen rechtlichen Einordnung. Im Vordergrund stehen dabei folgende Fragen:

  • Wie kommt der Erwerb des Battle Pass genau zustande?
  • Welcher Vertragsart unterliegt der Battle Pass-Kauf?
  • Welche Rechte und Pflichten werden begründet?
  • Welche Probleme und Risiken gibt es?

Wie kommt der Erwerb eines (premium) Battle Pass genau zustande?

Zuerst müssen die Spieler:innen einen Vertrag abschließen, um das Spiel spielen zu können. Da Battle Passes vorrangig in Free-to-Play Spielen zum Einsatz kommen, handelt es sich bei dem Vertrag in der Regel um einen Leihvertrag gemäß § 598 BGB, sofern das Spiel nur befristet kostenlos überlassen wird, oder um einen Schenkungsvertrag gemäß § 516 BGB, sofern das Spiel unbefristet überlassen wird. Der Vorteil von Free-to-Play Spielen für die Hersteller ist, dass es eine große Anzahl an Spieler:innen generieren kann, da keine Erstinvestition notwendig ist. Je größer der Spieler:innen-Pool, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Geld über In-Game-Verkäufe generiert wird.

Sodann folgt der Erwerb von Spielwährung. Battle Passes sind in der Regel so ausgestaltet, dass sie nicht mit Echtgeld, sondern erst mit einer „premium“-Spielwährung erworben werden können. Die Spielwährung selbst kann mit Echtgeld gekauft werden oder oft auch durch den Abschluss spielinterner Aufgaben (z.B. Challenges) in geringen Mengen verdient bzw. erspielt werden. In manchen Spielen erhalten Spieler:innen, die sich für den Erwerb der premium Version des Battle Passes entscheiden, Belohnungen in Form der „premium“-Spielwährung, die teilweise bei vollständigem Leveln des Battle Pass‘ ausreicht, um den nächsten Battle Pass ohne einen Echtgeld-Kauf erwerben zu können.

Nun kann der Battle Pass mit der Spielwährung erworben werden. Spieler:innen erhalten somit Zugriff auf die mit dem Battle Pass einhergehenden Boni, Belohnungen und sonstigen Inhalten.

Was ist die Rechtsnatur der Battle Passes?

Um die Rechtsnatur des Battle Pass‘ zu bestimmen, muss zunächst geklärt werden, worum es sich bei der Spielwährung handelt, mit der der Battle Pass erworben wird.

Mit der Novelle des Kaufrechts zum 1.1.2022 zur Umsetzung der EU-Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Richtlinie (EU) 2019/770) wurde unter anderem der „Verbrauchervertrag über den Kauf digitaler Inhalte“ in § 453 Abs. 1 S. 2 BGB aufgenommen. Die Legaldefinition der „digitalen Inhalte“ ergibt sich aus § 327 Abs. 2 S. 1 BGB. Demnach sind digitale Inhalte „Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden“. Dies trifft auf Spielwährung zu, sodass sich ihr Erwerb von Spieler:innen nach §§ 453 Abs. 1 S. 2, 433 Abs. 2, 327 ff. BGB richtet.

Es bleibt die Frage offen, ob der Erwerb des Battle Pass‘ mit der Spielwährung auch eine vertragliche Beziehung begründet. Es wurde teilweise diskutiert, dass der Erwerb der Spielwährung selbst nicht einen Kauf, sondern einen Erwerb von Leistungsbestimmungsrechten (§ 315 BGB) darstelle. Benutzen Spieler:innen nun diese Spielwährung, um Spielinhalte (also auch den Battle Pass) freizuschalten, sei dies eine Ausübung der erworbenen Leistungsbestimmungsrechte. Die einzelnen „Käufe“ von Inhalten würden demnach nicht einzelne Verträge darstellen, sondern seien als Anpassungen der Leistungserfüllung des Hauptvertrages zu werten.

Spätestens seit Inkrafttreten der Kaufrechtnovelle ist diese Ansicht nicht mehr ohne weiteres vertretbar. Der Battle Pass ist nun als ein „digitales Produkt“ im Sinne des

Würde man von dieser rechtlichen Einordnung ausgehen, so hätte dies weitreichende Konsequenzen.

Welche Rechte und Pflichten werden begründet?

Für die Frage der sich aus dieser Einstufung des Vertrages für Hersteller und Spieler:innen ergebenen Rechte und Pflichten unerheblich ist dagegen, ob es sich bei dem Battle Pass um einen „digitalen Inhalt“ oder um eine „digitale Dienstleistung“ handelt, da sich die Rechte und Pflichten der §§ 327 ff. BGB weit überwiegend auf den in § 327 Abs. 1 S. 1 BGB benutzten Überbegriff der „digitalen Produkte“ beziehen. Insbesondere ist eine saubere Trennung dieser Begriffe nicht möglich. Dass hier § 453 Abs. 1 S. 2 BGB ausschließlich von „digitalen Inhalten“ spricht, steht dem nicht entgegen.

Die Spieler:innen verpflichten sich zur Entrichtung des Kaufpreises in Spielwährung gemäß § 433 Abs. 2 BGB. Die Hersteller verpflichten sich hingegen, den Battle Pass und die darin enthaltenen digitalen Inhalte gemäß den Bedingungen zur Freischaltung bereitzustellen. Kommen sie dieser Bereitstellungspflicht nicht nach, können Spieler:innen den Vertrag nach § 327c BGB beenden und Schadensersatzansprüche geltend machen.

Verbrauchern stehen darüber hinaus die auf digitale Produkte angepassten Gewährleistungsrechte im Fall von Produkt- (§ 327e BGB) und Rechtsmängeln (§ 327g BGB) zu, die gemäß § 453 Abs. 1 S. 3 BGB die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte ersetzen.

Die Gewährleistungsrechte gemäß § 327i BGB erstrecken sich auf das Recht auf Nacherfüllung gemäß § 327l BGB, das Recht auf Beendigung des Vertrages § 327m BGB oder Minderung des Preises gemäß § 327n BGB, sowie das Recht auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB bzw., § 327m BGB oder auf Aufwendungsersatz nach § 284 BGB.

Wichtig ist, dass insbesondere für Produktmängel auf den Bereitstellungszeitraum abgestellt wird. Wird das digitale Produkt während dieses Zeitraums mangelhaft, können Spieler:innen von ihren Gewährleistungsrechten Gebrauch machen.

Welche Probleme und Risiken gibt es?

Werden Gewährleistungsrechte in Verbindung mit Battle Pass-Käufen (oder anderen In-Game-Käufen) geltend gemacht, besteht das Problem der Schadensermittlung. Wird das Spiel nicht mehr betrieben, kommt eine Rückzahlung in Spielwährung de facto nicht mehr in Frage. Da sich Spielwährung jedoch nicht 1 zu 1 in Echtgeld umwandeln lässt, da sie zum Teil entgeltfrei durch das Spielen des Spiels verdient werden kann oder im Rahmen von Sales und weiteren Aktionen teilweise „rabattiert“ verkauft wird.

Zudem bestehen hier weitere Probleme mit Blick auf den Jugendschutz. Ein Großteil der Spiele richtet sich unter anderem gezielt auch an Kinder und Jugendliche als Spieler:innen. Dies kann Fragen zur Wirksamkeit der Vertragsabschlüsse aufwerfen. Grundsätzlich bedarf es für einen wirksamen Vertragsschluss mit einem Minderjährigen einer Einwilligung der gesetzlichen Vertreter, § 107 BGB. Hier wird es häufig so sein, dass die Spielwährung mit Einwilligung der gesetzlichen Vertreter gekauft wurde. Diese Einwilligung dürfte sich auch auf die Käufe mit Spielwährung erstrecken. Denn der Sinn und Zweck des Erwerbs von Spielwährung besteht darin, damit Spielinhalte zu erwerben. Wurde jedoch die Spielwährung ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter erworben, so wird sich das auch auf die Käufe mit der Spielwährung erstrecken. Die Verträge wären in diesem Fall gemäß § 108 BGB bis zur nachträglichen Genehmigung durch den Vertreter schwebend unwirksam. Sollten die Verträge nicht genehmigt werden, werden sie endgültig unwirksam. In diesen Fällen müssen sie rückabgewickelt werden und es können sich Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüche ergeben.

Fazit

Die Monetarisierung von Videospielen steht vor einem Wandel: Während Lootboxen aufgrund rechtlicher Bedenken und Jugendschutzbestimmungen zunehmend in Kritik geraten, etabliert sich der Battle Pass als transparentere und planbarere Alternative. Dieses Modell ermöglicht es Spielern, durch aktives Spielen und das Erreichen von Zielen neue Inhalte freizuschalten, wobei sie bereits im Voraus wissen, welche Belohnungen sie erwarten können.

Doch auch der Battle Pass wirft rechtliche Fragen auf. Von der Vertragsnatur über die Rechte und Pflichten bis hin zu möglichen Risiken, insbesondere im Hinblick auf den Jugendschutz und die Wirksamkeit von Verträgen mit Minderjährigen, gibt es viele Aspekte zu berücksichtigen. Hersteller und Anbieter müssen sicherstellen, dass sie den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.

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