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Wer in den vergangenen Monaten im Kino war hat bestimmt schon den Trailer gesehen oder in den letzten zwei Wochen den Film vielleicht auch selbst –„Top Gun: Maverick“. Doch das Filmstudio Paramount Pictures sieht sich derzeit einer großen Klage wegen einer möglichen Urheberrechtsverletzung ausgesetzt.
Hinter der Klage gegen das Filmstudio von „Top Gun: Maverick“ stehen die Erben des Autors, der mit einem Zeitungsartikel in den 1980ern die Geschichte des originalen Films inspirierte.
Für Paramount Pictures nicht ist dies Verfahren ganz unwichtig – sollten Sie den Rechtsstreit verlieren, müssten sie wohl nicht nur eine sehr hohe Geldsumme an die Erben zahlen, sondern könnten sogar die Rechte an weiteren „Top Gun“-Produktionen verlieren.

Zum Hintergrund der Klage:

Die Geschichte von „Top Gun“ begann im Jahre 1983 mit einem Artikel im „California Magazine“. Unter dem Titel „Top Guns“ schrieb der Autor Ehud Yonay über die Flugschüler der „Top Gun“-Akademie der US-Navy. Paramount Pictures lizenzierte die Rechte an dem Artikel für die üblichen mindestens 35 Jahre, inklusive die an einer Fortsetzung.

Wie viel Yonay für die Lizensierung seines Artikels bekam ist nicht genau bekannt, aber es war auf jeden Fall in einer Zeit, in der Hollywood für Vorlagen und Drehbücher noch nicht sechs- und siebenstellige Summen zu zahlen begann.

Am 6. Juni 2022, gaben Ehuds Yonays Erben, Shosh und Yuval Yonay, bekannt, dass sie Paramount Pictures wegen Urheberrechtsverletzungen verklagen werden.

Die Erben behaupten, Paramount Pictures habe es versäumt, die Rechte am „Top Guns“-Artikel zurück zu erwerben. Das Urheberrechtsgesetz in den USA besagt nämlich, dass Urheber das Recht haben, Urheberrechte genau 35 Jahre nach der Übertragung der Rechte zurückzufordern. Im Jahr 2018 endeten also die Rechte von Paramount Pictures an dem besagten „Top Guns“-Artikel. Die Erben behaupten, sie hätten Paramount Pictures in dem in Rede stehenden Jahr 2018 eine Warnung geschickt, die jedoch ignoriert worden wäre. Aufgrund der Untätigkeit des Filmstudios, fielen die Lizenzrechte an dem Artikel nach einer zwei Jahresfrist im Januar 2020 so an die Erbens Yonays zurück.

Das Studio hingegen bestreitet die Begründetheit der Klage. Paramount Pictures behauptet, „Top Gun: Maverick“ sei bereits fertiggestellt gewesen, bevor die Rechte im Januar 2020 an die Erben Yonays zurückfielen. Tatsächlich war der Film bereits 2019 fertig abgedreht, die Veröffentlichung wurde aber vermeintlich ein Jahr verschoben, um noch an den aufwendigen Flugsequenzen arbeiten zu können. Dann kam die Pandemie, und Hauptdarsteller Tom Cruise forderte seinen Film nicht an ein Streaming-Portal zu geben, sondern auf die Rückkehr der Kinos zu warten. Somit lief der Film erst im Mai 2022 in den Kinos an. Außerdem führt Paramount Pictures an, dass die in Rede stehende Fortsetzung „Top Gun: Maverick“ anders als der Vorgänger nicht auf dem Artikel von 1983 basiert und die Urheberrechtsgesetze für die Fortsetzung daher nicht gelten.

Die Erben Yonays hingegen fordern einen nicht näher bezifferten Summe als Schadenersatz, was Paramount Pictures einen enormen Anteil der Einspielergebnisse von „Top Gun: Maverick“ (bisher ca. 550 Millionen Dollar) kosten dürfte.

Wie es weitergeht, ist bisher noch unklar – vermutlich wird man versuchen sich außergerichtlich über Vergleichszahlungen zu einigen – andernfalls droht womöglich Jahre andauernder Rechtsstreit vor Gericht.

Wie würde dieser Sachverhalt in Deutschland gehandhabt werden?

Erfindet der Autor eines Filmes die Geschichte nicht gänzlich allein, sondern entsteht das Werk in Anlehnung an ein anderes Werk, so muss der Autor klären, ob eine freie Benutzung nach § 24 UrhG a.F. (nunmehr teilweise in § 51a UrhG geregelt) oder eine einwilligungspflichtige Bearbeitung oder Umgestaltung nach § 23 UrhG vorliegt.

Hierfür ist entscheidend, ob das Originalwerk für sich betrachtet schutzfähig ist, d.h. in welchem Umfang der Autor des Drehbuches Elemente aus dem Originalwerk in sein eigenes übernommen hat und ob diese das neue Werk prägen oder eher von minderer Bedeutung sind. Zu berücksichtigen ist auch, ob nicht das neue Werk trotz der übernommenen Teile im Vergleich zum Ursprungswerk den notwendigen inneren Abstand wahrt.

Eine freie Benutzung urheberrechtlich geschützter Werke war nach § 24 UrhG a.F. nur dann möglich, wenn das Original nur den Denkanstoß liefert, seine Inhalte allerdings völlig „verblassen“. Je wertvoller das Originalwerk desto schwieriger ist die freie Benutzung.

Entscheidend dabei ist die Anzahl der bestehenden Gemeinsamkeiten zwischen Original und dem neuen Werk. Auf die Anzahl der Unterschiede kommt es hierbei nicht an.

Der Artikel „Top-Guns“ von Yonay als Idee zum Film „Top-Gun“:

Im Falle des Artikels von Yonay über die „Top-Guns“ müsste man somit genau prüfen, ob dieser lediglich als Inspiration diente oder die Ausführungen des Artikels maßgeblich in den Film eingebaut wurden und es somit überhaupt nötig war eine Lizenz zu erwerben.

Ist erst einmal eine Lizenz erworben worden, so könnte man bei einem solch immensen Erfolg des ersten Filmes von „Top-Gun“ eine Nachvergütung nach § 32a UrhG verlangen. Diese ist gerechtfertigt, wenn die vereinbarte Honorierung und die später erzielten Erträge in einem auffälligen Missverhältnis stehen. Hierbei gilt jedoch auch, sich auf ein niedergeschriebenes Recht zu berufen, heißt nicht automatisch auch Recht bekommen. Das zeigt der Fall des Chefkameramannes von „Das Boot“, welcher bereits in vierter Instanz entschieden wird. Mehr dazu hier!

Rückfall der Lizenz nach 35 Jahren:

Ein solch pauschales Recht wie in den USA, 35 Jahre nach der Übertragung der Rechte diese wieder zurückzufordern, gibt es im deutschen Urheberrecht nicht. In einem Lizenzvertrag können jedoch selbst vereinbarte Rückfallklauseln für einen Rückgang der Lizenz an einem Werk sorgen. Je nach Ausformulierung der Klausel ist dabei ein automatischer Rechterückfall gegeben, der faktisch zu einem Erlöschen der erworbenen Lizenz führt. In Anbetracht der bestehenden Rechtsunsicherheit ist es jedoch ratsam, dies im Lizenzvertrag unmissverständlich klarzustellen. Daher sollte bei Gestaltung des Lizenzertrags, wenn dies gewünscht ist, eine ausdrückliche Rückfall- und Erlöschensklausel in den Vertrag aufgenommen werden.

„Top-Gun:Maverick“ als eigenständiger/ neuer Film?

Ein Remake oder eine Fortsetzung ist eine Wiederverfilmung eines Stoffes. Es hält sich zumeist eng an das Original und bedarf daher regelmäßig der Einholung der Erlaubnis. Diese wurde ja ausdrücklich mit dem Erwerb der Lizenz im Jahre 1983 erlangt. Sollte diese jedoch abgelaufen sein, so müsste für eine Rechtskonformität im deutschen Urheberrecht der neue Film derartig stark vom Original entfernt sein, dass er als vollkommen eigenständiges Werk betrachtet werden kann (z.B. OLG München, GRUR 1990, 674 – „Forsthaus Falkenau“).

Fazit:

Das deutsche Rechtssystem ist im Urheberrecht deutlich stärker ausgestaltet als das Urheberrecht im amerikanischen Rechtssystem. Grundsätzlich könnten die Yonays im deutschen Urheberrecht nach § 32a UrhG bereits Nachvergütung verlangen, da die Lizenzgebühr im Vergleich zum wirtschaftlichen Erfolg des Films deutlich zu gering ausgefielen werden dürfte. Die Chance auf eine entsprechende Vergütung sehen die Yonays jetzt im amerikanischen Rechtssystem in der zurückerlangten Lizenz an dem Artikel aus dem Jahre 1983. Sollte der Blockbuster „Top-Gun: Maverick“ sich immer noch stark an dem besagten Artikel orientiert haben, bleibt abzuwarten welcher Zeitpunkt genau für den Verlust der Lizenzrechte an dem Artikel Yonays maßgeblich ist – der Drehbeginn, die Fertigstellung oder der Kinostart des Filmwerkes.