Am 28.6.2025 wird das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ohne eine weitere Übergangsfrist wirksam. Auf Unternehmen, insbesondere Webshopbetreiber, kommen je nach bisherigem Stand der Barrierefreiheit erhebliche Anpassungen zu. Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften durch die zuständigen Behörden. Zuständig wird nämlich eine durch einen Statsvertrag von den Ländern zu schaffende gemeinsame Marktüberwachungsstelle sein.
Nach § 20 BFSG ist die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben des BFSG Ländersache. Doch sind die Bundesländer in einem Staatsvertrag übereingekommen, die Marktüberwachung zu zentralisieren und haben die Schaffung einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Namen „Marktüberwachungsstelle der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen“ (MLBF) beschlossen. Ziel ist eine einheitliche Behandlung und Durchsetzung der BFSG-Vorgaben in ganz Deutschland.
Eine neue Anstalt mit Sitz in Magdeburg
In Art. 2 des Staatsvertrages wird die Errichtung und der Betrieb der Anstalt geregelt. Sitz der Anstalt wird Magdeburg sein, so dass sich die Einzelheiten für den Betrieb der Anstalt nach den Landesgesetzen von Sachsen-Anhalt richten. Finanziert wird die Anstalt aus Mitteln der Bundesländer, soll sich aber auch über Bußgelder, Gebühren und Auslagen finanzieren. Niedersachsen rechnet zum Beispiel mit einem sich daraus für das Land ergebenden Finanzbedarf von 500.000,- Euro. Die Behörde soll zunächst ca. 70 Beschäftigte haben.
Nach Art. 3 des Staatsvertrages wird die zentrale Marktüberwachungsstelle folgende Aufgaben übernehmen:
- Erstellung einer Marktüberwachungsstrategie nach § 20 Abs. 2 BFSG;
- zentraler Ansprechpartner für die zentrale Verbindungsstelle nach § 27 BFSG;
- Information der Öffentlichkeit und der betroffenen Unternehmen zu Anwendbarkeit und Umsetzung des BFSG;
- Koordination von Maßnahmen zur Marktüberwachung von Produkten und Dienstleistungen und
- Berichterstattung an die EU-Kommission nach § 36 BFSG.
Gremien der Anstalt
Die MLBF wird einen Verwaltungsrat bekommen, der sich aus Vertretern der Bundesländer zusammensetzt. Der Verwaltungsrat beschließt über die grundlegenden Angelegenheiten der Anstalt, also etwa deren Satzung, Wirtschaftsplan und Vorstandsbesetzung. Das operative Geschäft verantwortet der noch zu bestellende Vorstand der Marktüberwachungsbehörde. Dieser wird für 6 Jahre bestimmt und kann erneut bestellt werden. Die Beschäftigten der Anstalt werden Landesbeamte sein.
Unterschiedliche Behörden für privaten Sektor und öffentliche Hand
Die Aufsicht für den öffentlichen Sektor und die Privatwwirtschaft fallen damit auseinander. Die Bundesländer haben nämlich jeweils Marktüberwachungsbehörden für die Überwachung der Barrierefreiheitsvorgaben aus dem BGG geschaffen. Diese werden ihre Aufgaben zum Beispiel für die Überwachung von Websites der öffentlichen Hand weiterhin wahrnehmen.
Stand der Ratifizierung
Der Staatsvertrag muss in den Bundesländern noch ratifiziert werden. Der aktuelle Stand (17.2.2025) der Ratifizierung ist wie folgt:
- Baden-Württemberg:
- Information des Landtags durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration vom 12.9.2024
- Gesetzentwurf zur Ratifizierung des Staatsvertrages vom 21.1.2025 (Drucks. 17/8161)
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration vom 19.2.2025 (Drucks. 17/8399)
- Bayern: Aktuell liegen keine öffentlich zugänglichen Informationen über den Stand des Ratifizierungsverfahrens vor.
- Berlin: Vorlage an das Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vom 19.2.2025 (Drucks. 19/2242)
- Brandenburg: Unterrichtung des Ministeriums für Gesundheit und Soziales vom 3.2.2025 und Gesetzentwurf der Landesregierung vom 12.3.2025 (Drucks. 8/634)
- Bremen:
- Hamburg: Zustimmung des Hamburger Senats zum Staatsvertrag zur Aufgabenerfüllung nach dem BFSG vom 26.11.2024
- Hessen: Aktuell liegen keine öffentlich zugänglichen Informationen über den Stand des Ratifizierungsverfahrens vor.
- Mecklenburg-Vorpommern: Aktuell liegen keine öffentlich zugänglichen Informationen über den Stand des Ratifizierungsverfahrens vor.
- Niedersachsen: Kabinettsbeschluss vom 29.10.2024
- Nordrhein-Westfalen:
- Rheinland-Pfalz: Unterrichtung des Lantagsausschusses für Arbeit, Soziales, Pflege und Transformation vom 13.9.2024
- Saarland: Aktuell liegen keine öffentlich zugänglichen Informationen über den Stand des Ratifizierungsverfahrens vor.
- Sachsen: Gesetzentwurf der Staatsregierung zum Staatsvertrag zur Aufgabenerfüllung nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vom 5.3.2025
- Sachsen-Anhalt:
- LIV-Vorlage des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 22.8.2024 (Drucks. 8/SOZ/73)
- Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zum Staatsvertrag zur Aufgabenerfüllung nach dem BFSG vom 18.3.2025 (Drucks. 8/5318)
- Schleswig-Holstein:
- Unterrichtung ds Landtags durch die Landesregierung über einen Entwurf eines Staatsvertrags zur Aufgabenerfüllung nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vom 24.1.2025
- Gesetzentwurf der Landesregierung zur Ratifizierung des Staatsvertrages vom 26.11.2024
- Mitteilung der Landesregierung vom 27.2.2025
- Gesetzentwurf der Landesregierung eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Aufgabenerfüllung nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vom 11.3.2025 (Drucks. 20/3030)
- Thüringen:
- Entwurf eines Gesetz zu dem Staatsvertrag zur Aufgabenerfüllung nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vom 22.1.2025 (Drucks. 8/320);
- Stellungnahme des Landesbehindertenbeauftragten, der sich für Nachverhandlungen ausspricht ud insbesondere kritisiert, dass eine Beteiligung von Menschen mit Behinderungen (zum Beispiel über eine Mitgliedschaft im Verwaltungsrat) nicht vorgesehen ist, es keine Herausgabe von Tätigkeitsberichten geben soll und die konkrete Information und Beteiligung der Länder nicht klar ist;
- Aussprache im Thüringer Landtag am 31.1.2025
- Gesetzesblatt 2025, Nr. 2, S. 21
Bis zu einer Errichtung der Marktüberwachungsstelle bleiben die Länder formal zuständig. Es ist aber damit zu rechnen, dass die Ratifzierung rechtzeitig erfolgt und die neu zu gründende Anstalt zügig ihre Arbeit aufnehmen kann.
Umfang der Überprüfung durch die neue Behörde
Die Überprüfung der Barrierefreiheitsstandards erfolgt durch die zuständige Marktüberwachungsbehörde stichprobenartig oder beschwerdebasiert. Dabei wird zwischen einer formalen und einer materiellen Prüfung unterschieden. Bei der formalen Prüfung werden vor allem die eingereichten Dokumente, wie die Konformitätserklärung oder Nachweise zur möglichen Unverhältnismäßigkeit der Barrierefreiheitsanforderungen untersucht. Die materielle Prüfung geht darüber hinaus und überprüft, ob das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich barrierefrei nutzbar ist, mithin ob die Anforderungen des BSFG in der Praxis umgesetzt wurden.
Sanktionsmechanismus und Bußgelder
Das BFSG sieht ein gestuftes Abhilfeverfahren vor, um Verstöße gegen die Barrierefreiheitsanforderungen zu ahnden. Im Falle der Nicht-Konformität erfolgt eine Aufforderung zur Herstellung der Konformität. Kommt der Wirtschaftsakteur dieser Aufforderung nicht nach, können im weiteren Verlauf Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängt werden. In schwerwiegenden Fällen kann es sogar zur Untersagung der Bereitstellung des betroffenen Produkts oder der Dienstleistung kommen.