Das Markenrecht in der Europäischen Union beruht auf verschiedenen nationalen Rechtsordnungen, deren Grundlage die EU-Markenrechtsrichtlinie 2015/2436, zuletzt novelliert am 16. Dezember 2015, ist. Daneben gibt es die seit 2016 neu gefasste Unionsmarkenverordnung (UMV), die die Unionsmarken (früher: EU Marken) regelt. Ziel ist die schrittweise Harmonisierung des Markenrechts im europäischen Raum und die Anpassung des Markenrechts an das digitale Zeitalter.
In Deutschland sind aufgrund der Richtlinie am 14.1.2019 gesetzliche Änderungen des Markengesetzes in Kraft getreten, die für Markenanmelder und aufs Markenrecht spezialisierte Rechtsanwälte große Bedeutung haben. Mit der Gewährleistungsmarke wird eine neue Markenart eingeführt, die dem Bedürfnis nach einem adäquaten Schutz für Gütezeichen Rechnung trägt. Der technische Fortschritt ermöglicht zudem neue Möglichkeiten der Darstellung von Hörmarken und anderen bislang entlegen Markenarten. Auch verfahrensrechtlich bringt das neue Gesetz Erleichterungen.
Wir stellen Ihnen die wichtigsten Änderungen vor:
1. Änderungen im Widerspruchsverfahren
Bisher musste für jedes Widerspruchskennzeichen ein Widerspruch eingelegt werden. Jetzt kann der Inhaber mehrerer älterer Rechte, diese mit einem einzigen Widerspruch geltend machen. Statt 120 EUR beträgt die Widerspruchsgebühr jetzt 250 EUR. Für jedes zusätzlich geltend gemachte Widerspruchszeichen sind weitere 50 EUR zu zahlen.
Auf gemeinsamen Antrag wird eine Frist von 2 Monaten gewährt, um eine gütliche Einigung „cooling-off-Periode“ zu erreichen. Diese Frist lässt sich ebenfalls durch gemeinsamen Antrag verlängern.
2. Neue Berechnung: Beginn der Benutzungsschonfrist
Wie auch im EU-Markenrecht beginnt die Benutzungsschonfrist im deutschen Markenrecht nun mit dem Tag zu laufen, ab dem gegen die Eintragung einer Marke kein Widerspruch mehr erhoben werden kann. Das ist entweder der Tag nach Ablauf der Widerspruchsfrist oder, wenn ein Widerspruch eingelegt wurde, an dem Tag der rechtskräftigen Entscheidung über die Beendigung des Widerspruchsverfahrens. Beginn und Ende der Benutzungsschonfrist werden künftig in das Markenregister aufgenommen. Bisher begann die Benutzungsschonfrist mit Veröffentlichung der Eintragung.
3. Neue Berechnung: Schutzdauer und Verlängerungen von Marken
Die Schutzdauer von Marken, die ab dem 14.01.2019 eingetragen werden, endet künftig genau 10 Jahre nach dem Anmeldetag und nicht wie bisher zehn Jahre zum Ende des Monats, in welchem die Marke angemeldet worden ist. Bei bereits eingetragenen Marken verbleibt es beim alten.
Anträge auf Verlängerung können innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten vor und nach Ablauf der Schutzdauer eingereicht werden. Die Verlängerungsgebühren werden daher bereits 6 Monate vor Ablauf der Schutzdauer fällig.
4. Löschungsverfahren = Verfalls- bzw. Nichtigkeitsverfahren; Geltendmachung von relativen Schutzhindernissen möglich
Das Löschungsverfahren heißt jetzt Verfalls- bzw. Nichtigkeitsverfahren. Voraussichtlich ab 01.05.2020 können im amtlichen Nichtigkeitsverfahren zusätzlich zu den absoluten Schutzhindernissen auch relative Schutzhindernisse (ältere Rechte) geltend gemacht werden.
5. Neue absolute Schutzhindernisse im MarkenG
Geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen, v.a. für Lebensmittel und Wein, die nach nationalen oder europäischen Rechtsvorschriften geschützt sind, werden als absolute Schutzhindernisse aufgenommen.
6. Neue Markenkategorie: Nationale Gewährleistungsmarke
Mit der Gewährleistungsmarke (die auf EU-Ebene bereits existiert), wird eine neue Markenkategorie geschaffen. Die Gewährleistungsmarke zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass anders als bei der Individualmarke nicht eine Herkunftsfunktion, sondern eine Garantiefunktion im Vordergrund steht. Gewährleistungsmarken besagen, dass die Waren und Dienstleistungen unter einer Marke einen bestimmten Standard erfüllen, der in der Markensatzung festgelegt ist und unter der Verantwortung des Inhabers der Gewährleistungsmarke kontrolliert wird, unabhängig von der Identität des Unternehmens, das die jeweiligen Waren und Dienstleistungen herstellt bzw. erbringt und die Gewährleistungsmarke in der Praxis benutzt.
Gütesiegel wie zB das Fair-Trade- oder Trusted-Shop-Siegel wurden bisher als Wort-, Bild- oder Kollektivmarke angemeldet.
7. Eintragung von Lizenzen
(Nutzungsrechte-)Lizenzen können künftig auf Antrag ins Markenregister eingetragen werden. Außerdem kann auch die bloße Bereitschaft, die Marke lizenzieren oder veräußern zu wollen, in das Register aufgenommen werden.
8. Wegfall der grafischen Darstellbarkeit – Bestimmbarkeit und neue Markenformen
Bisher mussten Registermarken grafisch darstellbar sein. Jetzt genügt es, dass sie eindeutig und klar bestimmbar sind. Damit können nun beispielsweise auch geräuschhafte Klangmarken oder Multimediamarken in den vorgesehen Formaten eingetragen werden.
9. Umklassifizierung entfällt
Ändert sich die Klasseneinteilung der Waren und Dienstleistungen nach dem Anmeldetag, wird die Klassifizierung nun nicht mehr von Amts wegen oder auf Antrag des Inhabers bei der Verlängerung angepasst.