Abends keine Lust mehr zwei Mal umzusteigen um nach Hause zu kommen oder den letzten Anschluss verpasst? Was früher noch eine teure Taxi-Fahrt war, wurde durch die Sharing Anbieter deutlich angenehmer. Auto oder Roller in der Nähe suchen und los geht’s. Egal ob Abrechnung nach Kilometern oder Minuten, eins ist klar: Während der Fahrt werden Daten generiert. Mit der zunehmenden Verbreitung vernetzter Fahrzeuge und datengetriebener Mobilitätsdienste wie Car Sharing könnte der Data Act einen erheblichen Einfluss auf den Verkehrs- und Mobilitätssektor haben.
Fahrzeugdaten und ihr Potenzial
Moderne Fahrzeuge sind mit Sensoren und Software ausgestattet, die eine Vielzahl von Daten generieren. Sie sind dahingehend „fahrende Messstationen“ und erfüllen ohne Zweifel die vom Data Act konstituierten Voraussetzungen an ein vernetztes Produkt im Sinne das Art. 2 Nr. 5 DA. Die Sensoren erheben unter anderem Informationen über Fahrzeugleistung, Fahrstil, Standort und Wartungszustände, welche ganz oder in Teilen an den Hersteller oder andere Dateninhaber übermittelt werden. Aus diesen Daten versprechen sich die Dateninhaber Erkenntnisse zur Optimierung des Fahrzeugbetriebs, dem Verschleiß von Bauteilen und weitere Informationen. Diese Informationen sind aber nicht nur für den jeweiligen Dateninhaber interessant: Auch Drittanbieter begehren diese Daten, zur Entwicklung neuer, innovativer Dienste.
Durch den Data Act erlangen Nutzer von vernetzten Produkten das Recht, auf die von ihnen generierten Daten zuzugreifen und diese mit Dritten zu teilen. Diese Rechte und ihre Grenzen haben wir in einem anderen Beitrag bereits eingehend behandelt.
Im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen dürfte das Paradebeispiel der Zugang zu Fahrzeugdaten sein, um Reparaturen und Wartungen effizienter durchzuführen oder gar vorauszuplanen. Durch Predictive Maintenance können nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen und Geld gespart werden. Daten, auf die früher nur Vertragswerkstätte des Fahrzeugherstellers Zugriff hatten, könnten über den Nutzer an unabhängige Werkstätten weitergegeben werden.
Aber auch Betreiber von Fahrzeugflotten haben ein Interesse an den Daten. Egal ob Car Sharing Dienst, Autovermietung, Taxiunternehmen oder der Fahrzeugpool eines Unternehmens. Mithilfe der Daten, die durch den Betrieb der Fahrzeuge produziert wird, lassen sich der Betrieb ebendieser optimieren. Sei es die Feststellung eines erhöhten Spritverbrauch infolge zu hoher Drehzahlen oder zu geringen Reifendrucks oder die Feststellung, dass die Batterie in einem Auto nicht mehr so lange hält wie die anderer. Unternehmen, die den Aufwand einer sorgfältigen Datenauswertung betreiben, dürften auf lange Sicht Kostenersparnisse erzielen und somit einen Wettbewerbsvorteil erwarten.
Interoperabilität und Standardisierung
Damit eine standardisierte Auswertung überhaupt erst möglich wird, macht der Data Act als weiteres zentrales Anliegen des Data Act Vorgaben zur Interoperabilität und schreibt Dateninhabern vor, Daten in gängigen Formaten bereitzustellen. Mehr Informationen erhalten Sie dazu in einem separaten Beitrag.
Standardisierte Datenformate und Schnittstellen führen zu einem erleichterteren Datenaustausch zwischen Dateninhabern, Nutzern und Dritten. Dies würde nicht nur die Nutzung und Auswertung der Daten erleichtern, sondern auch Innovationen in Bereichen wie autonomem Fahren und Flottenmanagement beschleunigen.
Car Sharing und vernetzter ÖPNV: Datengetriebene Mobilität
Interessante Konstellationen versprechen sich vor allem im Zusammenhang mit Mobilitätsdiensten. Daten die durch die jeweiligen Nutzer generiert werden, nutzen Car Sharing-Plattformen Daten, um Flottenmanagement, Fahrzeugverfügbarkeit und Nutzerinteraktionen zu optimieren.
Während der Fahrt eines Nutzers gesammelte Daten – wie Fahrverhalten oder Standorte – müssen den jeweiligen Nutzers zur Verfügung gestellt werden und auf Anfrage des Nutzers grundsätzlich mit Dritten geteilt werden. Die Car-Sharing Plattform werden aber nur Dateninhaber mancher und nicht aller Daten sein. Andere generierte Daten, für die sich ein Nutzer interessieren könnte, befinden sich bei anderen Dateninhabern wie den Herstellern des Fahrzeuges. Wie sich dieser Umstand in der Praxis entwickelt bleibt abzuwarten. Mehrfache Anfragen hätte einen erhöhten Aufwand zur Folge und würden mit Sicherheit Nutzer von der Geltendmachung ihrer Recht abschrecken.
Dort wo Daten freier fließen, können neue Geschäftsmodelle entstehen oder bestehende sich weiterentwickeln. Die großflächige Bereitstellung von Schnittstellen mit Daten in standardisierten Formaten kann dazu führen, dass die Verknüpfung von Car Sharing-Diensten mit ÖPNV-Systemen eine nahtlose intermodale Reise ermöglicht, sodass Nutzer planbar zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln wechseln können, etwa vom Car Sharing-Fahrzeug auf den Bus oder die Bahn.
Solche Konzepte, ähnlich wie es beispielsweise die Jelbi App mit ausgewählten Diensten vorsieht, ermöglichen eine effizientere und nachhaltigere Nutzung bestehender Verkehrsinfrastrukturen. Daten aus verschiedenen Mobilitätsdiensten könnten genutzt werden, um dynamische Fahrpläne, personalisierte Routenvorschläge und Echtzeitinformationen für Nutzer bereitzustellen.
Die Kombination von Mobilitätsdaten aus verschiedenen Quellen, kann Verkehrssysteme effizienter, umweltfreundlicher und nutzerzentrierter gestalten. Beispielsweise könnte der Zugang zu Echtzeitdaten über Verkehrsflüsse und Verfügbarkeiten von Verkehrsmitteln die Verkehrssteuerung optimieren und Emissionen reduzieren, sowie die Entwicklung intelligenter Parksysteme ermöglichen. Durch standardisierte Schnittstellen könnten solche Dienste reibungslos miteinander verknüpft werden, was den Nutzern eine nahtlose Mobilitätserfahrung bietet.
Telematik-Tarife von KFZ-Versicherungen
Auch Anbieter von KFZ-Versicherungen, die Telematik-Tarife anbieten, könnten durch den Data Act beeinflusst werden. Telematik-Tarife bestimmen den Versicherungstarif des Versicherungsnehmers anhand seiner Fahrweise. Hierfür benötigen die Versicherungsgeber Daten über das Fahrverhalten, wie beispielsweise Fahrverhalten, Geschwindigkeit in Kurven oder Bremsverhalten. Diese Daten werden entweder über eine im Auto verbaute Telematik-Box an den Versicherungsgeber übertragen oder über eine App auf dem Smartphone.
Ob als vernetztes Produkt im Falle der Telematik-Box oder als vernetzer Dienst im Falle der Smartphone App: Die erhobenen Daten unterfallen grundsätzlich einem Datenzugangsrecht des Versicherungsnehmers, welcher zugleich Nutzer des Fahrzeuges ist. Versicherungsnehmer können, sofern ihnen diese Möglichkeit nicht bereits eingeräumt wird, durch Einsichtnahme in die Daten ihre Fahrweise nachvollziehen und potenziell verbessern. Zudem bekämen Versicherungsnehmer die Möglichkeit, diese Daten auch an andere Versicherungsanbieter weiterzugeben, um personalisierte Angebote zu erhalten.
Herausforderungen für Dateninhaber
Auf Dateninhaber kommt ein Anpassungsaufwand zu, um Data Act Konform zu handeln:
- Vertragsgestaltung und Anpassung der Nutzungsbedingungen: Vertragsdokumente und Nutzungsvereinbarungen werden angepasst werden müssen. Für nicht-personenbezogene Daten müssen zur weiteren Verwendung Lizenzvereinbarungen abgeschlossen werden. Auch technisch-organisatorische Maßnahmen (TOMs) sollten protokolliert werden.
- Technische Infrastruktur: Unternehmen müssen sicherstellen, Datenzugangsersuchen von Nutzern bearbeitet werden und die abgefragten Daten leicht zugänglich und sicher bereitgestellt werden können.
- Informationspflichten: Dateninhaber müssen Nutzer über die Art und den Umfang der Daten, die an sie übermittelt werden informieren und ihnen darlegen, wie sie auf diese Zugriff erhalten.
Diese Herausforderungen stehen im direkten Zusammenhang mit den Chancen, die der Data Act bietet. Eine erfolgreiche Umsetzung ermöglicht Unternehmen nicht nur, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, sondern auch Wettbewerbsvorteile wie Kostenreduktion durch effizientere Prozesse oder eine gesteigerte Attraktivität durch personalisierte Angebote und innovative datengestützte Geschäftsmodelle zu erzielen.
Fazit
Der Data Act bietet eine Chance, datenbasierte Innovationen voranzutreiben und den Wettbewerb zu fördern. Besonders im Bereich Car Sharing und im ÖPNV könnte die Verordnung ein offeneres und effizienteres Ökosystem ermöglichen, wobei standardisierte Datenformate eine Schlüsselrolle spielen.
Durch den Zugang zu standardisierten Datenformaten können Verkehrsflüsse optimiert, Emissionen reduziert und neue Geschäftsmodelle realisiert werden. Unternehmen, die frühzeitig auf diese Entwicklungen reagieren und entsprechende Strategien umsetzen, könnten sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.
Sie haben Fragen zum Beitrag oder den Auswirkungen des Data Act? Dann nehmen Sie doch gerne mit uns Kontakt auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter!