Bei der im Handel beliebten Werbung mit Preisermäßigungen ist der Bezugspreis entscheidend. Wird mit prozentualen oder betraglichen Ermäßigungen geworben („20% Ermäßigung“ oder „Sie sparen 15 EUR“) muss die Bezugsgröße dafür der niedrigste Preis sein, den der Händler innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preissenkung berechnet hat. Das hat der EuGH nunmehr auf eine Vorlagefrage des LG Düsseldorf eindeutig klargestellt und stärkt damit den freien Wettbewerb zwischen den Händlern.
I. Worum geht es in dem Urteil? Was ist das Problem?
Es geht um Werbung mir Preissenkungen, d.h. Werbung mit einem herabgesetzten Preis, wobei die Herabsetzung für den Verbraucher entweder dadurch kenntlich gemacht wird, dass der vormals verlangte höhere Preis neben dem aktuellen Preis als durchgestrichen abgebildet wird oder die Höhe der Ermäßigung in Prozent dargestellt wird.
Vereinzelt wird dabei getrickst, z.B. wird ein höherer Preis als durchgestrichen angezeigt, der nur kurze Zeit verlangt wurde, obgleich die Ware zuvor bereits niedriger ausgepreist war. Der Vorwurf lautet dann, dass der Händler den Preis nur zum Schein erhöht, um den Eindruck zu erwecken, der Verbraucher mache ein Schnäppchen.
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg den Discounter ALDI Süd verklagt, weil ALDI in seinen wöchentlichen Prospekten mit Preisermäßigungen bzw. „Preis-Highlights“ für Lebensmittel warb, die auf Grundlage des Preises unmittelbar vor Angebotsbeginn berechnet wurden. Der Preis für die beworbenen Produkte war jeweils neben ihrer fotografischen Abbildung in einem weißen Rechteck (Preiskachel) angegeben, in dem sich zwei unterschiedliche Preisangaben fanden, nämlich in der Mitte eine Preisangabe in großen Ziffern (z.B. 1,29 Euro) sowie in der rechten unteren Ecke eine weitere, durchgestrichene Preisangabe in kleineren Ziffern („1,69 Euro“). Diese Preiskacheln waren wiederum mit einer weiteren, visuell hervorgehobenen Kachel verbunden und teilweise überlagert, in denen ALDI Süd eine prozentuale Preisermäßigung bzw. den Begriff „Preis-Highlight“ angab. Unter den beiden weißen Preiskacheln befand sich jeweils ein Hinweis auf den niedrigsten Verkaufspreis der letzten 30 Tage.
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale ist diese Werbung unlauter, denn sie beeinträchtige die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucher. Insbesondere verstoße die Werbung gegen die gesetzlichen Vorgaben für Informationen bei Preisherabsetzungen. Dem liegt Art. 6a der Preisangaben-Richtlinie zugrunde, nachdem bei jeder werblichen Bekanntgabe einer Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben ist, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum verlangt hat. Art. 6a der Preisangaben-Richtlinie erfuhr durch die sog. Omnibus-Richtlinie Umsetzung ins Deutsche Recht, nämlich in § 11 PAngV. Als „vorherigen Preis“ definiert Art. 6a Abs. 2 der Preisangaben-Richtlinie wiederum den niedrigsten Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der erstmaligen Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat. Diese Definition lässt aber Fragen offen:
a) Ist bei der Werbung mit prozentualen Preisermäßigungen der Prozentsatz auf Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage zu berechnen oder kann der Prozentsatz auch auf dem Preis beruhen, welcher unmittelbar vor der Ermäßigung verlangt wurde?
b) Müssen werbliche Hervorhebungen (wie „Preis-Highlight“) bei Bekanntgabe einer Preisreduzierung auf einem Vergleich zum niedrigsten Preises der letzten 30 Tage beruhen oder können sie sich auch auf den Preis beziehen, welcher unmittelbar vor der Ermäßigung verlangt wurde?
c) Genügt es, wenn – wie in der ALDI-Werbung – der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage angezeigt wird, die Ermäßigung aber auf einen anderen (höheren) zuvor verlangten Preis Bezug nimmt.
Da auch das Landgericht Düsseldorf die Auffassung der Verbraucherzentrale zunächst nicht teilte, es aber auf die Auslegung des Begriffes „vorheriger Preis“ ankam, wandte es sich an den EuGH mit der Bitte um Klärung, wie das Gesetz zu verstehen sei.
II. EuGH: Preiswerbung muss transparent sein
Der EuGH stellt klar, dass sich Händler bei der Darstellung der Preisermäßigung ohne Wenn und Aber auf den niedrigsten Preis beziehen müssen, den sie in den letzten 30 Tagen vor der jüngsten Ermäßigung verwendet haben. Es kommt also nicht darauf an, ob der niedrigste Preis der letzten 30 Tage in der Preiswerbung genannt wird, sondern es muss auch die – wie im zugrunde liegenden Fall prozentuale – Berechnung der Ersparnis auf Basis des niedrigsten Preises vorgenommen werden. Eine derartige Auslegung des Art. 6a Preisangaben-Richtlinie diene der Preistransparenz und stelle sicher, dass Preisnachlässe nicht künstlich aufgebläht oder durch eine kurzzeitige Preiserhöhung manipuliert werden können. Ziel der Preisangaben-Richtlinie sei es, Verbrauchern den Vergleich der Verkaufspreise von Produkten zu erleichtern, damit sie informierte Kaufentscheidungen treffen können.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ALDI den niedrigsten Preis zwar genannt, ohne ihn allerdings als Bezugsgröße anzugeben. Vielmehr berechnet ALDI die prozentuale Preisermäßigung an dem als durchgestrichen dargestellten höheren Preis. Das sei – so der EuGH – intransparent und daher unzulässig.
Das Urteil sendet eine klare Botschaft: Unfaire Praktiken wie irreführende Werbung mit „Preissenkungen“, die eigentlich keine sind, werden wohl künftig stärker kontrolliert und der Wettbewerb damit fairer und transparenter gestaltet.
III. Was heißt das für die Praxis?
Das Urteil zwingt Händler zu einer strengeren Überprüfung ihrer Preisstrategie und -kommunikation. Es reicht nicht mehr aus, einfach vormals verlangte durchgestrichene Preise anzugeben und prozentual oder sonst herausgestellt mit einer vermeintlichen Ermäßigung zu bewerben. Die Reduktion muss real und überprüfbar sein. Unternehmen, die gegen diese Vorgaben verstoßen, riskieren rechtliche Konsequenzen und können sowohl von Wettbewerbern als auch von Verbraucherschutzorganisationen oder Einrichtungen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs abgemahnt oder verklagt werden.
Für Händler bedeutet das:
- Striktere Kontrolle der Preishistorie: Preissenkungen müssen auf dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage vor der aktuellen Preissenkung basieren. Das gilt auch für die Darstellung der Ermäßigung. Auch bei Angabe einer prozentualen („20% Ersparnis“) oder betraglichen Reduzierung („Sie sparen 15 EUR“) darf somit nur der niedrigste Preis die Bezugsgröße sein. Liegt dieser niedrigste Preis sogar noch unter dem aktuellen Preis, weil der Preis zwischenzeitlich wieder erhöht wurde, verbietet sich faktisch jede Werbung mit einer Preisermäßigung, weil gar keine Preisherabsetzung stattfindet.
- Überarbeitung von Werbestrategien: Marketing- und Verkaufsabteilungen müssen sicherstellen, dass alle Angaben zu Preisermäßigungen den neuen Anforderungen entsprechen.
- Nachhalten der Preishistorie: Händler sind gut beraten, die Preishistorie ihrer Produkte beweissicher zu dokumentieren, um im Streitfall nachweisen zu können, welche Preise verlangt wurden.
- Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen: Händler, die sich an die Regeln halten, sind vor unlauteren Praktiken ihrer Mitbewerber besser geschützt.
Bei Fragen zur Werbung mit herabgesetzten Preisen aber auch zu allen anderen Fragen der Werbung für Produktangebote (zB vergleichende Werbung, fehlende Werbekennzeichnung), stehen wir Ihnen gern beratend zur Seite.