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Am 17.2.2024 trat der „Digital Services Act“ (VO (EU) 2022/2065, kurz „DSA“) vollständig in Kraft. Schon im letzten Jahr haben wir hierzu umfassend berichtet. Auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht hat uns  der DSA schon beschäftigt, etwa hinsichtlich notwendiger Werbekennzeichnungen. Dieser Beitrag schließt sich hieran an und behandelt die Regulierung sog. Dark Patterns durch den DSA.

Was sind Dark Patterns?

Dark Patterns sind wiederkehrende Muster in Webseiten-Designs, die Nutzerinnen und Nutzer zu einem von diesen ungewollten Verhalten verleiten sollen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist etwa das Cookie-Banner auf Webseiten. Den Betroffenen wird es meist einfach gemacht, sämtliche Cookies auf einen Schlag anzunehmen. Möchten Betroffene die verwendeten Cookies hingegen auf notwendige Funktionen begrenzen, ist dies meist mit zusätzlicher als lästig empfundener Arbeit für Nutzerinnen und Nutzer verbunden. Oftmals muss dazu ein weiteres Menü geöffnet, aus einer Liste von möglichen Cookies ausgewählt und die Auswahl schließlich bestätigt werden. In den meisten Fällen dürften die Nutzerinnen und Nutzer daher die Cookies bestätigen.

Dark Patterns gehören zu den sog. Nudging-Techniken, also Methoden die das menschliche Verhalten beeinflussen sollen, ohne dabei auf Verbote und Gebote zurückzugreifen. Ein bestimmtes Verhalten soll auf diese Weise incentiviert werden, was im Regelfall rechtlich nicht bedenklich ist.

Dark Patterns nach dem UWG

In einigen Fällen, schlagen Dark Patterns jedoch über die Stränge. Schon einmal haben wir über einen US-Fall berichtet, in denen der Einsatz von Dark Patterns für den Verwender sehr teuer wurde.

In Deutschland funktioniert bisher das Wettbewerbsrecht als Gradmesser für die Zulässigkeit solcher Techniken. Besonders interessant ist § 4a Abs. 1 UWG, der aggressive geschäftliche Handlungen einhegen soll, also solche Handlungen die Verbraucherinnen und Verbraucher zu geschäftlichen Entscheidungen veranlassen, welche sie eigentlich nicht treffen wollten. Wie gesehen, ist es gerade Zweck der Dark Patterns, Nutzerinnen und Nutzer zu beeinflussen.

Die Norm hält hierfür unterschiedliche Fallgruppen bereit, nämlich Belästigungen, Nötigungen oder unzulässige Beeinflussungen.

  • Dark Patterns wie z.B. penetrant auftretende Pop-Up-Werbung können eher eine Belästigung gem. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG darstellen.
  • Eine Nötigung kann etwa dann vorliegen, wenn ein Anbieter wahrheitswidrig angibt, eine Ware oder Dienstleistung sei nur für einen bestimmten kurzen Zeitraum verfügbar.
  • Andere Muster wie intransparente bzw. komplizierte Cookie-Banner können hingegen eine unzulässige Beeinflussung gem. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG sein.

Jede dieser Fallgruppen ist rechtlich allerdings nur relevant, wenn die Entscheidungsfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch sie erheblich beeinträchtigt ist, § 4a Abs. 1 UWG. Wann dies der Fall ist, entscheidet sich erst im Einzelfall.

Wenn ein Webseitenbetreiber etwa Druck auf seine Nutzerinnen und Nutzer ausübt, damit diese einer Datenüberlassung zu Werbezwecken einwilligen, dann liegt darin eine relevante Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit. Cookie-Banner hingegen, bei denen die Beeinflussung allein darin liegt, dass der Ablehnen-Button andersfarbig hinterlegt ist, stellen z.B. keine erhebliche Beeinträchtigung dar.

Dark Patterns nach dem DSA

Nach Art. 25 DSA soll die Nutzung der Dark Patterns zukünftig auch auf europäischer Ebene reguliert werden. Danach dürfen Anbieter von Online-Plattformen ihre Online-Schnittstellen nicht so gestalten, dass Nutzerinnen und Nutzer getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt oder behindert werden. Diese zugegeben verschachtelte Formulierung lässt erahnen, dass auch der DSA gewissen Einschränkungen unterliegt.

Zunächst ist festzustellen, dass nur Anbieter von Online-Plattformen durch Art. 25 DSA adressiert werden. Gemeint sind damit gem. Art. 3 lit. i) DSA, Hostingdienste, die im Auftrag von Nutzerinnen und Nutzern Informationen speichern und öffentlich verbreiten, soweit dies nicht nur eine reine Nebenfunktion des Dienstes darstellt. Kurz: die Norm hat vor allem Social-Media-Webseiten und Online-Marktplätze im Auge.

Wichtig ist außerdem, dass auch der DSA eine Einschränkung hinsichtlich der Schwere des Verstoßes bereithält. Die informierte Entscheidung der Nutzerinnen und Nutzer muss durch die Dark Patterns nämlich maßgeblich beeinträchtigt oder behindert werden. Diese Formulierung ist gleichbedeutend mit dem Begriff der wesentlichen Beeinflussung i.S.d. UGP-Richtlinie, die wiederum im deutschen UWG umgesetzt wurde und uns bereits bekannt ist als erhebliche Beeinträchtigung.

Eine Beeinträchtigung oder Behinderung liegt nach Art. 25 DSA damit immer dann vor, wenn Betroffene in ihrer Abwägung zwischen dem Für und Wider ihres Handelns eingeschränkt sind. Wesentlich ist dies, wenn Betroffene diese Einschränkung nicht ohne weiteres überwinden können.

Wenn wir zurückkommen auf unser Beispiel des Cookie-Banners wird klar, dass eine Ablehnung der Cookies in den meisten Fällen erschwert ist. Diese Einschränkung können von den Betroffenen jedoch regelmäßig recht schnell überwunden werden, denn in den meisten Fällen, bieten Cookie-Banner von sich aus Optionen zur Auswahl der einzelnen Cookies an. Der Einsatz solcher Banner ist nach Art. 25 DSA daher zulässig.

Etwas anderes gälte jedoch, wenn die Cookie-Banner von vornherein nur die Annahme der Cookies zuließen und eine Personalisierung von Cookies – wenn überhaupt – nur in einem seperaten Untermenü auf der Webseite möglich wäre. Ähnlich verhielte es sich auch bei sog. Roach-Motel-Systemen, also Situationen, in denen Betroffene recht unkompliziert ihre Werbeeinwilligung abgeben können, diese andersherum allerdings nur sehr schwer bis gar nicht wieder entziehen können.

Folgen eines Verstoßes

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Beschränkungen nach dem UWG und der DSA nicht so sehr wie man annehmen könnte. Richtig relevant wird die Abgrenzung allerdings in den Rechtsfolgen der beiden Regime.

Bei Verstößen gegen das UWG können Verletzende auf Beseitigung und Unterlassung, sowie oftmals auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Anspruchssteller können dabei nur Mitbewerber, bestimmte (Verbraucher-)Verbände und berufsständische Körperschaften sein. Deren Ansprüche verjähren schließlich nach spätestens drei Jahren ab ihrer Entstehung.

Deutlich großzügiger können die Strafen bei Verstößen gegen den DSA ausfallen, denn die möglichen Geldbußen können bis zu 6% des im vorangegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielten Gesamtjahresumsatzes des verletzenden Konzerns betragen. Das Wort „Geldbuße“ verrät auch schon, dass nicht Wettbewerber o.Ä. aus dem DSA gegen Verletzer vorgehen können, sondern die Feststellung einer Verletzung und ihre Bestrafung in der Hand der zuständigen Behörden liegt.  Hierfür besteht eine Verjährungsfrist von 5 Jahren ab dem Tag der Zuwiderhandlung.

Sowohl UWG als auch der DSA können dem Einsatz von Dark Patterns daher in einigen Fällen im Wege stehen. Mit dem DSA müssen Betreiber von Online-Plattformen nun noch stärker darauf achten, die Wesentlichkeitsschwelle des Art. 25 DSA nicht zu überschreiten.