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Am 06. Juni 2023 ist die Entgelttransparenzrichtlinie der Europäischen Union (EU/2023/970) in Kraft getreten, mit der Entgeltdiskriminierungen (zwischen Männer und Frauen) bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch mehr Transparenz ein Ende bereitet werden soll. Zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht haben die EU-Mitgliedsstaaten allerdings noch bis zum 07.06.2026 Zeit (vgl. Art. 34 Abs. 1 EU/2023/970)

Das Bundesarbeitsgericht hatte im letzten Jahr entschieden, dass eine Frau Anspruch auf das gleiche Entgelt wie ihre männlichen Arbeitskollegen hat, wenn der Arbeitgeber den männlichen Arbeitskollegen für die gleiche oder gleichwertige Arbeit, aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt (nähere Informationen unter: https://haerting.de/wissen/bag-zum-equal-pay-zwischen-maennern-und-frauen-gleiche-arbeit-gleiches-entgelt/).

Zuvor wurde das Entgeltgleichheitsgebot zwischen Männern und Frauen unter § 7 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) bereits im Jahr 2017 gesetzlich verankert. Häufig stellt sich aber das Problem, dass Arbeitnehmende gar keine Kenntnis darüber haben, was ihre Kollegen und Kolleginnen verdienen. Daher sieht das Entgelttransparenzgesetz unter § 10 einen individuellen Auskunftsanspruch der Arbeitnehmenden zur Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots vor. Nach § 12 Abs. 1 EntgTranspG besteht der Anspruch allerdings nur für Beschäftigte in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigte bei demselben Arbeitgeber. Das führt dazu, dass insbesondere in „kleineren“ Betrieben die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots zumindest im Rahmen des Auskunftsanspruchs nach § 10 EntgTranspG nicht überprüft werden kann.

Dem tritt die Entgelttransparenzrichtlinie der EU durch mehr Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen entgegen. Da mit der Richtlinie abermals neue Pflichten für Arbeitgeber einhergehen, werden im Folgenden die maßgeblichen Regelungen der Richtlinie in aller Kürze vorgestellt.

 

Art. 4: Gleiche Arbeit und gleichwertige Arbeit

Mit Art. 4 der Richtlinie soll sichergestellt werden, dass Arbeitgeber über Gehaltsstrukturen verfügen, durch die gleiches Gehalt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gewährleistet wird (vgl. Abs. 1 – 3).

  • In Art. 4 Abs. 4 werden sodann die Hauptkriterien benannt, auf dessen Grundlage Gehaltsstrukturen zu beschaffen sind. Dazu zählen Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen und ggf. etwaige weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz oder die konkrete Position relevant sind.

 

Art. 5: Entgelttransparenz vor der Beschäftigung

Art. 5 der Richtlinie regelt die Informationspflicht für Arbeitgeber hinsichtlich des Gehalts bei Stellenausschreibungen gegenüber Bewerber/innen.

  • Gemäß Art. 5 Abs. 1 haben Stellenbewerber das Recht, vom künftigen Arbeitgeber Informationen über das Einstiegsgehalt für die betreffende Stelle oder dessen Spanne zu erhalten.
  • Diese Informationen sind in einer Weise bereitzustellen, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Gehalt gewährleistet werden, wie beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung, vor dem Vorstellungsgespräch oder auf andere Weise.
  • Darüber hinaus legt Art. 5 Abs. 3 fest, dass Arbeitgeber sicherstellen müssen, dass Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral sind und Einstellungsverfahren auf nichtdiskriminierende Weise geführt werden, um das Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit nicht zu unterminieren.
  • Dies ist entspricht bereits der aktuellen Rechtslage (nähere Informationen unter: https://haerting.de/wissen/agg-hopping-2-0-obacht-bei-der-stellenausschreibung/).

 

Art. 6: Transparenz bei der Festlegung des Gehalts und der Politik der Gehaltsentwicklung

Daneben regelt Art. 6 der Richtlinie die Informationspflicht für Arbeitgeber hinsichtlich des Gehalts gegenüber ihren Arbeitnehmenden.

  • Gemäß Art. 6 Abs. 1 müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmenden darüber Informationen zur Verfügung stellen, welche Kriterien für die Festlegung ihres Gehalts, ihrer Gehaltshöhen und ihrer Gehaltsentwicklung verwendet werden.
  • Davon umfasst sind insbesondere die unter Art. 4 Abs. 4 erfassten Hauptkriterien.
  • Nach Art. 6 Abs. 2 besteht für die Mitgliedstaaten der EU die Möglichkeit, Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmenden zumindest von der Verpflichtung im Zusammenhang mit der Gehaltsentwicklung auszunehmen.
  • Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz wird nur die Verpflichtung im Zusammenhang mit der Gehaltsentwicklung ausgenommen. Die beiden anderen Verpflichtungen bleiben bestehen.

 

Art. 7 Auskunftsrecht der Arbeitnehmer/innen

Unter Art. 7 werden die Auskunftsrechte der Arbeitnehmenden, sowie die für die Arbeitgeber damit einhergehenden Verpflichtungen geregelt.

  • Gemäß Art. 7 Abs. 1 haben Arbeitnehmende das Recht, Auskünfte über ihre individuelle Gehaltshöhe und über die durchschnittlichen Gehaltshöhen zu verlangen und in schriftlicher Form zu erhalten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für die Gruppen von Arbeitnehmenden, die gleiche Arbeit wie sie oder gleichwertige Arbeit verrichten.
  • Daneben sieht Art. 7 Abs. 3 vor, dass Arbeitgeber alle Arbeitnehmenden jährlich über ihr Recht informieren müssen, die Auskünfte nach Abs. 1 zu erhalten und darüber was Arbeitnehmende unternehmen müssen, damit sie die Auskunft erhalten.
  • Nach Art. 7 Abs. 4 haben Arbeitgeber maximal 2 Monate ab dem Auskunftsverlangen Zeit, die Auskunft zu erteilen.
  • Weiter wird in Art. 7 Abs. 5 geregelt, dass Arbeitnehmende nicht daran gehindert werden dürfen, ihr Gehalt offenzulegen.
  • Arbeitsvertragliche Klauseln, wie bspw. Stillschweigen über das Gehalt zu vereinbaren, werden spätestens ab diesem Zeitpunkt unwirksam sein.

 

Art. 9 Berichterstattung über das Gehaltsgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

In Art. 9 werden die Berichterstattungspflichten für Arbeitgeber geregelt, also welche Informationen über ihr Unternehmen sie zur Verfügung stellen müssen (vgl. Abs. 1) und bis wann erstmals und in welchen Zeitabständen die Informationen vorlegen müssen. Dies soll abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmenden sein (vgl. Abs. 2 – 5).

 

Art. 11 Unterstützung für Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmenden

Art. 11 sieht vor, dass Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmenden Unterstützung in Form von technischer Hilfe und Schulungen angeboten werden, um die Einhaltung der in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen zu erleichtern.

 

Art. 16: Anspruch auf Schadensersatz

Ferner sieht die Richtlinie unter Art. 16 vor, dass Arbeitnehmende bei geschlechterspezifischen Entgeltdiskriminierungen einen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung haben. Dazu gehören vollständige Entgeltnachzahlungen und Nachzahlungen damit verbundener Prämien oder Sachleistungen sowie den Schadensersatz für entgangene Chancen, und für immateriellen Schaden, wie bspw. erlittenes Leid aufgrund der Unterbewertung der geleisteten Arbeit.

 

Art. 18: Verlagerung der Beweislast

Schließlich sieht Art. 18 eine sog. Beweislastumkehr vor, d. h. wenn Arbeitnehmende eine Verletzung gegen die sich aus dem Grundsatz des gleichen Gehalts ergebenden Rechte vorbringen, der Arbeitgeber beweisen muss, dass keine Entgeltdiskriminierung vorliegt.

 

Fazit:

Arbeitgeber sollten die Gehaltsstrukturen in ihrem Unternehmen entsprechend den Hauptkriterien des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie überprüfen, da die Umgestaltung von Gehaltsstrukturen – je nach Unternehmensgröße – mit einem langwierigen Prozess verbunden ist.

Interessant dürfte die Auslegung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie in Bezug auf die Gehaltsangabe in einer Stellenausschreibung werden. Danach können die Informationen über das Gehalt „beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung“ bereitgestellt werden. Daneben wird aber auch die Möglichkeit aufgezählt, die Information „vor dem Vorstellungsgespräch“ oder „auf andere Weise“ bereitzustellen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Beweislastumkehr des Art. 18 sollten Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass Ihnen der Nachweis zur Angabe über das Gehalt gelingen wird. Dies dürfte zumindest bei der Gehaltsangabe in einer veröffentlichten Stellenausschreibung unproblematisch der Fall sein.