Seit dem 1.7.2021 gelten im EU-weiten Versandhandel neue Regelungen zur Umsatzsteuer. Nachfolgend möchten wir einen Überblick darüber verschaffen, welche Auswirkungen dies für Ihre Steuerpflicht hat und darüber hinaus, was dies für die Angabe von Preisen bedeutet.
Einführung einer einheitlichen Lieferschwelle
Vor der Umsatzsteuerreform mussten Umsätze bei einem Versand ins EU-Ausland nur dann dort versteuert werden, wenn der Umsatz in diesem Land eine bestimmte sogenannte Lieferschwelle überschritt.
Beispiel 1: Sie betreiben einen Online-Shop und verkaufen EU-weit Smartphones an Endverbraucher. Dabei erzielen Sie durch Ihren Verkauf nach Frankreich 50.000 EUR und durch Ihren Verkauf nach Spanien 20.000 EUR. Nach bisherigem Recht galten sowohl in Frankreich auch als in Spanien Lieferschwellen von 35.000 EUR. Dies bedeutete, dass der Händler seinen Umsatz aus Frankreich bis zu 35.000 EUR in Deutschland versteuern musste, während die übrigen 15.000 EUR in Frankreich zu versteuern waren. Hinsichtlich seines Umsatzes in Spanien war der gesamte Umsatz in Deutschland zu versteuern.
Dieses System wurde zugunsten einer einheitlichen Lieferschwelle von 10.000 EUR aufgegeben. Ist diese Grenze überschritten, müssen Sie in jedem Land, in welches Sie Ware versenden, die entsprechende Umsatzsteuer entrichten.
Beispiel 2: Der Händler aus Beispiel 1 mit Sitz in Berlin hat seit Januar 2022 seinen Onlineshop auf die EU ausgeweitet. Die Summe aller EU-grenzüberschreitenden Warenlieferungen an Verbraucher beträgt bis zum 17.3.2022 insgesamt 9.750,00 EUR (netto inkl. Versandkosten). Am 18.3.2022 erhält er eine Bestellung für ein Smartphone eines Verbrauchers aus Spanien zum Nettopreis von 300 EUR. Bereits für diese erste die Schwelle überschreitende Lieferung fällt die Umsatzsteuer des Ziellandes an (In unserem Beispiel also die spanische Umsatzsteuer in Höhe von 21 %). Zudem fallen für alle darauffolgenden Lieferungen ebenfalls die Umsatzsteuersätze der Zielländer an, sofern die Käufer Verbraucher sind.
Welche Umsätze werden berücksichtigt?
Maßgeblich für das Überschreiten der Lieferschwelle ist die Summe aller Versandkäufe an Verbraucher ins EU-Ausland inklusive der Versandkosten. Zudem werden auch elektronische Dienstleistungen (unter anderem Downloads) einbezogen, wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz im EU-Ausland hat.
Wichtig: Wenn Sie die Lieferschwelle im Jahr x überschritten haben, gilt die Umsatzsteuerpflicht für jede Lieferung im Jahr x+1. Der Händler aus Beispiel 2 hat somit bereits die erste Bestellung in das EU-Ausland, die er 2023 versendet, nach dem ausländischen Steuersatz zu versteuern.
Wie erfolgt die Steuererklärung im Ausland?
Damit Händler sich nicht in jedem Land steuerrechtlich registrieren lassen müssen, hat das Bundeszentralamt für Steuern den sogenannten One-Stop-Shop eingerichtet (weitere Informationen finden Sie hier). Die im OSS-Verfahren erklärten Steuern werden durch das BZSt an das jeweilige Land weitergeleitet.
Wichtig: Eine Ausnahme gilt, sofern Sie sich grenzüberschreitenden Fulfillmentstrukturen bedienen, ist die Nutzung des OSS für die damit verbundenen Transaktionen nicht möglich.
Wie weise ich meine Preise im Onlineshop aus?
Nach der EU-Preisangabenverordnung sind Preise gegenüber Verbrauchern inklusive der Umsatzsteuer anzugeben. Für einen französischen Verbraucher muss daher ein Produkt inkl. 20 % Mehrwertsteuer angezeigt werden, sofern die Lieferschwelle überschritten wurde. Dasselbe Produkt muss in Deutschland inklusive der 19 % Mehrwertsteuer angezeigt werden. Die technische Lösung lässt sich beispielsweise durch die Einrichtung von Untershops für jedes Zielland realisieren oder durch Abfrage des Ziellandes bei Aufruf der Webseite.
Achtung: Aufgrund des Diskriminierungsverbots der Geoblockingverordnung dürfen Sie keine abweichenden Nettopreise für dasselbe Produkt auf Grundlage des Wohnsitzlandes verlangen. Demnach kann die Berücksichtigung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze nur durch Anpassung des Bruttopreises erfolgen. Ein Smartphone, welches in Deutschland für 200 EUR (inkl. 19 % MwSt.) angeboten wird, muss für einen luxemburgischen Käufer für 196,63 EUR angeboten werden. Da dort lediglich ein Mehrwertsteuersatz von 17 % gilt. Andernfalls würden Sie unzulässigerweise einen höheren Nettopreis für das Smartphone verlangen.