Part 4 unserer 5-teiligen Beitragsreihe
Im Markenrecht stellen sich im Zusammenhang mit der verstärkten Nutzung von Marken in virtuellen Räumen einige spannende Fragen.
I. Verwendung von Marken im Metaverse
1. Markenanmeldung
Problematisch ist zunächst, inwieweit bei der Anmeldung von Marken Waren und Dienstleistungen bezeichnet werden müssen. Mittlerweile haben die Markenämter Richtlinien zur Klassifizierung von virtuellen Waren und NFTs aufgestellt. Die Anmeldung „virtueller Waren“ oder „NFTs“ ist als Bezeichnung meist zu abstrakt, so dass diese Angaben konkretisiert werden sollten („virtuelle Bekleidung“). Bekleidungsmarken werden durch die Verwendung von digitaler Kleidung nicht zwangsläufig verletzt. Es ist daher sinnvoll, den bestehenden Markenschutz durch eine Neuanmeldung zu ergänzen, um Anmeldungen Dritter vorzubeugen.
2. rechtserhaltende Benutzung
Wichtig ist auch, auf eine rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen Marke zu achten, um einem Nichtbenutzungseinwand Dritter standzuhalten und die Marke nicht in einem Nichtigkeitsverfahren zu verlieren. Voraussetzung ist allerdings, dass eine hinreichende Verbindung zwischen dem jeweiligen virtuellen Produkt und der Marke erkennbar ist, z.B. indem das virtuelle Produkt als physisches Produkt in einem Online-Shop erworben werden kann. Im Rahmen der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke für Dienstleistungen ist entscheidend, ob die virtuelle Dienstleistung die gleiche Wirkung hat, wie wenn sie real erbracht würde.
II. Markenverletzungen
Kommt es zu Markenverletzungen, die ohne Zustimmung des Markeninhabers im Metaverse erfolgen, sind die ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale der markenmäßigen Benutzung und der Verwechslungsgefahr zu prüfen. Entscheidend ist dabei, ob die Benutzung der Marke im virtuellen Raum markenmäßig oder dekorativ ist.
1. Markenmäßige Benutzung
Ziel des Metaversums ist es, reale Lebenssituationen abzubilden, so dass es nahe liegt, Marken aus dem realen Leben in das Metaversum zu übernehmen. Werden Marken im Metaverse zu Werbezwecken verwendet, spricht alles für eine markenmäßige Benutzung.
2. Verwechslungsgefahr
Virtuelle Produkte können ihren realen Vorbildern in der simulierten Umgebung ähneln. Dies allein begründet noch keine Verwechslungsgefahr. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Waren von denselben Unternehmen hergestellt oder an denselben Orten verkauft werden. Weitere Kriterien beziehen sich auf die Art. Eine Ähnlichkeit liegt nur dann vor, wenn der Hersteller sowohl für das reale als auch für das virtuelle Angebot verantwortlich ist. Auch Dienstleistungen können ähnlich sein. Entscheidend ist, ob die Dienstleistungen sowohl im realen als auch im virtuellen Raum erbracht werden, wie dies beim Vertrieb von Versicherungen oder Reisebuchungen der Fall ist.
3. Erschöpfung
Die Erschöpfung einer Marke setzt das physische Inverkehrbringen einer Ware voraus. Unklar ist jedoch, was geschieht, wenn das Originalprodukt als Vorlage für das virtuelle Pendant dient. Sobald der Markeninhaber die mit seiner Marke versehene Ware erstmals in Verkehr gebracht hat, ist es ihm nach dem Markenrecht verwehrt, die Benutzung seiner Marke zu kontrollieren. Handelt es sich also um eine bloße Nachbildung des Originals, ist dies aufgrund der Erschöpfung des Markenrechts zulässig. Handelt es sich jedoch um ein eigenes Produkt, wofür beispielsweise ein Weiterverkauf spricht, ist dies nicht der Fall und der Markeninhaber kann eine Markenrechtsverletzung geltend machen.
III. Rechtsanwendung und Rechtsdurchsetzung
Schwierigkeiten ergeben sich bei der Bestimmung des Gerichtsstandes der handelnden Personen und des anwendbaren Rechts im Metaverse. Grundsätzlich wird darauf abgestellt, ob ein hinreichend wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug im maßgeblichen Territorium vorliegt. Dies ist jedoch im Metaverse schwer feststellbar, so dass eine andere Lösung gefunden werden muss.
Hier geht’s zu:
Part 1 im Heft 16-17/2023: Überblick
Part 2 im Heft 18/2023: Urheberrecht
Part 3 im Heft 19/2023: Vertrags- und Wettbewerbsrecht
Part 5 im Heft 21/2023: Datenschutz