Die Höhenflüge des Jahresanfangs sind für Palworld längst vorbei. Der Hype um das Videospiel ist abgeflacht, Spielerzahlen sind von neuen Rekorden weit entfernt. Und gerade als der Entwickler Pocketpair das Spiel noch auf die PS5 bringt, fliegt ihm die lang erwartete Klage von Nintendo und der The Pokémon Company ins Haus. Zeit für einen Blick auf den Rechtsstreit.
Was ist Palworld?
Anfang des Jahres berichteten wir bereits über das damals noch im Trend liegende Videospiel Palworld und dessen Parallelen zu der allseits bekannten Spielreihe Pokémon. Hier wie dort fangen Spielende durch die Spielwelt umherlaufende Fabelwesen um sie anschließend gegeneinander im Kampf antreten zu lassen. Palworld ergänzt diese Formel allerdings um zwei Aspekte. Einerseits können die Pals, wie die Wesen im Spiel heißen, den Spielenden bei der Verrichtung zahlreicher Tätigkeiten unter die Arme greifen. Sie bauen dann etwa Ressourcen in der Spielwelt ab oder dienen als Reittiere. Andererseits ist das Repertoire der verwendbaren Gegenstände in Palworld um Hieb- und Schusswaffen ergänzt, die in Pokémon gänzlich fehlen.
Beide Spiele sind sich also sehr ähnlich und doch blieb eine Klage seitens Nintendo bisher aus.
Drei Patente – ein Problem
Am 19.9.2024 war es dann jedoch soweit. In einer Pressemitteilung gab Nintendo bekannt, gemeinsam mit der The Pokémon Company ein Patentverletzungsverfahren gegen Palworld-Entwickler Pocketpair vor einem Gericht in Tokio angestrengt zu haben. Laut Angaben des Entwicklers sind Gegenstand des Verfahrens drei Softwarepatente die bestimmte Mechaniken der Pokémon-Spiele schützen sollen.
Patent No. 7545191 und Patent No. 7493117 – Der Pokéball
Pokémon fängt man oder setzt sie ein, indem man einen Pokéball wirft. Diese Mechanik ist ein Kernbestandteil der gesamten Spielereihe aus dem Hause Nintendo und von dem Unternehmen entsprechend patentiert. Palworld soll dieses Patent verletzt haben, denn auch dort fängt man mit sehr ähnlichen Palsphären umherirrende Tierwesen.
Patent No. 7528390 – Der fliegende Start
Große Spielwelten verlangen nach zügiger Fortbewegung. In Palworld ist das unter anderem möglich mit fliegenden Pals die als Reittiere benutzt werden können. Wenn es besonders schnell gehen soll, etwa wenn Spielende sich bereits in der Luft befinden, weil sie zuvor gesprungen sind, können die Pals per Knopfdruck manifestiert werden – ein fliegender Start also. Auch diese Mechanik hat Nintendo sich allerdings patentieren lassen.
Die Welt der Teilanmeldungen
Wer einen genaueren Blick auf die Patente wirft, wird feststellen, dass sie alle erst nach der Veröffentlichung von Palworld am 19.1.2024 beantragt wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass ältere Spiele durch jüngere Patente ohne weiteres angegriffen werden können.
Vielmehr handelt es sich um sog. divisional patents bzw. Teilanmeldungen die allesamt auf einer prioritätsälteren Anmeldung aus dem Jahr 2021 beruhen. Die Grundlage hierfür liegt in Art. 4G der Pariser Konvention und gilt auch in Japan. Wenn eine Patentanmeldung mehrere Erfindungen enthält, soll der Patentanmelder seine Anmeldung aufteilen können, wobei die Priorität der Ursprungsanmeldung jeweils bestehen bleibt.
Interessant dabei ist, dass auch schon die Anmeldung aus dem Dezember 2021 wohl eine Reaktion auf Palworld gewesen sein dürfte. Denn zum ersten Mal angekündigt wurde Palworld im Juni 2021, nachdem Pocketpair mit dem Spiel Craftopia bereits eine erfolgreiche Kopie des Nintendo-Klassikers Zelda auf den Markt gebracht hatte.
Laut der Pressemittelung von Pocketpair befindet sich das Unternehmen noch in der Prüfung und Bewertung seiner juristischen Position; ob es beispielsweise die gegenständlichen Patente angreifen wird und/oder möglicherweise eine Einigung mit Nintendo erzielen kann, wird die Zukunft zeigen.
Was möchte Nintendo?
Eine Einigung erfordert jedoch auch eine Zustimmung von Nintendo. Nach Angaben seitens Pocketpair verlangt Nintendo 10 Mio. Yen, also umgerechnet etwa 60.000,00 EUR, Schadenersatz für sich und die The Pokémon Company. Offensichtlich geht es dem Milliardenkonzern also nicht um Geld, sondern vielmehr um die ebenfalls beantragte gerichtliche Anordnung die vorgeworfenen Verletzungen zu unterlassen. Mit anderen Worten soll Palworld ohne die bekannte Fangmechanik und eine typische Fortbewegungsart auskommen. Man kann sich vorstellen welche Auswirkung dies auf Palworld haben würde. Eine Einigung, die Nintendos Interessen befriedigt und nicht zugleich Pocketpair zu erheblichen Änderungen an Palworld verpflichtet, ist nur schwer vorstellbar.