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Konzertveranstalter siegt mit IP Team von HÄRTING vor dem OLG München

In einem Rechtsstreit um die urheberrechtliche Zulässigkeit der Konzertaufführung zweier weltbekannter Phantasy-Filmreihen konnte sich die Konzertveranstalterin vor dem OLG München (Entscheidung vom 14.9.2023 – 6 U 601/22) erfolgreich gegen Ansprüche eines der Komponisten der Filmmusik zur Wehr setzen. Die beklagte Veranstalterin aus Berlin, die von HÄRTING vertreten wird, veranstaltet eine Konzertreihe, bei der das Orchester bundesweit an verschiedenen Veranstaltungs-Locations Kompositionen aus den Soundtracks der Filmreihen aufführt. Der klagende Komponist ist der Auffassung, die Aufführung verletze seine Urheberrechte, weil die Darbietung seiner Zustimmung bedürfe. Es handelt sich hierbei um die auch in anderen Fällen immer wieder aufkommende Streitfrage, wer die Rechte an öffentlichen Darbietungen von Musikwerken vergeben darf, nämlich der Komponist oder die Verwertungsgesellschaften (wie zB die GEMA). Es geht um die Frage, ob durch eine konzertante Darbietung musikdramatischer Werke (wie zB Soundtracks) mit begleitendem Bühnenprogramm großes oder kleines Recht betroffen ist.

Der Teufel steckt dabei im Detail, nämlich dem Inhalt des Bühnenprogramms.

In der Praxis der Rechtevergabe von Verlagen und Verwertungsgesellschaften wird als „großes Recht“, das den Komponisten (und Textdichtern) gem. § 19 Abs. 2 Fall 2 UrhG zustehende Recht, bezeichnet, ihre Musikwerke in darstellender (dramatischer, handlungsbetonter) Weise bühnenmäßig aufzuführen. Unter „kleinem Recht“ versteht man in der Branche das von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommene Recht (§ 19 Abs. 2 Fall 1 UrhG), die Werke konzertant (also beschränkt auf die Darbietung der Musik, zB durch ein Orchester) aufzuführen. Abgrenzungsfragen stellen sich seit Jahren und führen regelmäßig zu langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Veranstaltern und den vermeintlichen Rechteinhabern.

Im zugrunde liegenden Fall wurde das Konzert durch einen Sprecher begleitet, der als Schauspieler bei einer der beiden Filmreihen mitgewirkt hatte und auf Erfahrungen am Set sowie auf einzelne Inhalte der Verfilmung und der zugrundeliegenden Romane Bezug nahm. Im Hintergrund wurde das Orchester durch Multimediaeffekte begleitet, welche Motive aus der Verfilmung aufgriff. Zwischendurch fanden auch einzelne tänzerische Einlagen – ohne Bezug zur verfilmten Handlung – statt.

Das OLG München hat in erfreulicher Klarheit festgestellt, dass es sich hierbei nicht um eine bühnenmäßige Darstellung handelte, so dass lediglich „kleines Recht“ betroffen ist, deren Wahrnehmung der GEMA und nicht dem Komponisten obliegt. Folgende Erkenntnisse zur Unterscheidung Großes/Kleines Recht ergeben sich aus dem Urteil unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung:

  • Ob Musik bühnenmäßig dargestellt wird, ist in zwei Schritten zu prüfen: Im ersten Schritt ist danach zu fragen, ob es sich bei der Darbietung, in deren Rahmen die Musik gespielt wird, insgesamt betrachtet um eine „bühnenmäßige Darstellung“ handelt. Wird dies bejaht, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Musik integrierender, organischer Bestandteil des Spielgeschehens ist und nicht nur der bloßen Untermalung dient (vgl. BGH, GRUR 2022, 1441 Rn. 29 und 34 – Der Idiot).
  • Die beiden Prüfungsschritte dürfen dabei nicht miteinander vermengt werden. Insbesondere darf daraus, dass die Musik integrierender Bestandteil des Bühnengeschehens ist, nicht darauf geschlossen werden, dass es sich bei dem Bühnengeschehen um eine „bühnenmäßige Darstellung“ handelt. Sonst bestünde die Gefahr, dass in Fällen, in denen die Musik das Geschehen dominiert, die bühnenmäßigen Elemente aber in den Hintergrund treten, eine bühnenmäßige Darstellung bejaht wird, obwohl es sich um ein reines Konzert in Form eines öffentlichen Zu-Gehör-Bringens der Musik durch persönliche Darbietung handelt.
  • Eine bühnenmäßige Darstellung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH jedenfalls in allen Fällen vor, in denen ein gedanklicher Inhalt durch ein für Auge und Ohr bestimmtes bewegtes Spiel im Raum dargeboten wird. Nach der Definition des BGH genügt es nicht, dass durch das Geschehen auf der Bühne ein gedanklicher Inhalt transportiert wird, sondern es ist überdies erforderlich, dass dies durch ein bewegtes Spielim Raum geschieht. Eine irgendwie geartete „Bewegung“ ist allerdings nicht zwingende Voraussetzung für eine bühnenmäßige Darstellung. So kann beispielsweise auch durch ein Stillstehen und Schweigen durch einen Darsteller auf der Bühne ein bestimmter gedanklicher Inhalt vermittelt werden. Erforderlich ist jedoch in jedem Fall ein „Spiel“, also ein Schauspiel, d.h. der gedankliche Inhalt muss gerade durch eine körperliche Ausdrucksform durch einen oder mehrere Schauspieler zum Ausdruck gebracht werden. Daran fehlt es etwa, wenn ein Bühnenstück nicht schauspielerisch dargestellt, sondern nur mit verteilten Rollen vorgelesen wird.

 

Nach diesen Grundsätzen geht das OLG München zu Recht bereits nach dem ersten Prüfuingsschritt schon von keiner bühnenmäßigen Darstellung im Streitfall aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass bei den Veranstaltungen eine dramatische Geschichte im Sinne eines zusammenhängenden Handlungsablaufs, nämlich eine zusammenfassende Nacherzählung der Filmreihe stattfände und damit dem Publikum neben der Musik ein gedanklicher Inhalt vermittelt würde, geschehe dies in erster Linie durch die vom Sprecher vorgetragenen Textpassagen und nicht – wie es aber für eine bühnenmäßige Darstellung  erforderlich wäre – durch ein irgendwie geartetes Schauspiel. Vielmehr sei das Vorlesen der Texte lediglich ein öffentliches Zu-Gehör-Bringen durch persönliche Darbietung. Hieran ändere auch nichts, dass die Texte teilweise (oder überwiegend) mit den Musikwerken des Klägers (und anderer Komponisten) untermalt werden bzw. gemeinsam mit diesen dargeboten werden. Denn auch hierin sei lediglich eine akustische persönliche Darbietung der Musik […] zu sehen, die ohne darüber hinausgehende – hier nicht erkennbare – schauspielerische Leistungen keine bühnenmäßige Darstellung zu begründen vermag. Weitere Effekte, wie Lichtinstallationen oder auch eine etwaige Kostümierung einzelner an dem Geschehen mitwirkender Personen führen ebenso zu keiner bühnenmäßigen Darstellung, selbst wenn sie den Erzählstrang abrunden und dem Ereignis einen „Showcharakter“ verleihen. Denn auch diese Effekte ersetzen nicht die notwendige körperliche Ausdrucksform im Sinne einer schauspielerischen Leistung von Personen.

Auch Tanzeinlagen führen nicht zu einer bühnenmäßigen Darstellung, wenn sie keinen gedanklichen Inhalt vermitteln. Ebenso wie für ein Schauspiel nicht zwingend eine Bewegung erforderlich ist, reicht umgekehrt nicht jede Bewegung von Personen auf einer Bühne aus, um eine bühnenmäßige Darstellung im Sinne von § 19 Abs. 2 Fall 2 UrhG annehmen zu können. So sind insbesondere artistische Leistungen oder Tänze (auch in choreografierter Form) nicht als bühnenmäßige Aufführung anzusehen, sofern durch diese dem Publikum nicht ein gedanklicher Inhalt vermittelt wird.

Das Zünglein an der Waage bei der Unterscheidung von großem und kleinem Recht ist somit das bewegte Spiel im Raum, das einen gedanklichen Inhalt vermittelt. Das Urteil sorgt somit für mehr Rechtssicherheit: Einem Nutzer, der bei der GEMA die Lizenzrechte für eine Aufführung von Musikwerken („kleines Recht“) erworben hat, muss – so das Gericht – ein klares Abgrenzungskriterium an die Hand gegeben werden, ab wann die Schwelle zu einer bühnenmäßigen Darstellung, die von dem eingeräumten Nutzungsrecht nicht mehr gedeckt ist, überschritten wird.