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Micky Maus ist seit Anfang des Jahres in der Public Domain. Seitdem kann die Figur nicht mehr nur von Disney verwendet werden. Aus urheber- und markenrechtlicher Sicht bestehen allerdings einige Fallstricke die die Verwendung des Charakters erschweren.

1928 erblickte eine humanoide Maus zum ersten Mal das Licht der Welt. Zunächst noch als Stumm-Cartoon in Plane Crazy und The Gallopin‘ Gaucho, bezauberte Micky Maus spätestens in Steamboat Willie Zuschauer wie Kritiker gleichermaßen. Heute, im 96. Jahr nach Erstveröffentlichung, sorgt das US-amerikanische Urheberrecht für ganz neue Abenteuer der wohl berühmtesten Maus der Welt.

Was wird aus Micky Maus?

Dem Nagetier mit den übergroßen Augen und den etwas zu klobig geratenen Schuhen stehen harte Zeiten bevor. Gleich zweimal soll Micky als Killer 2024 in Trash-Slasher Filmen auftreten und dabei Angst und Schrecken verbreiten. Damit reiht er sich in einen Trend ein, dem schon Winne Puuh in Winnie the Pooh: Blood and Honey gefolgt war, nachdem der honigliebende Teddybär 2022 ebenfalls Public Domain wurde.

95 Jahre sind 40 Jahre zu viel.

Doch eigentlich hätte es schon viel früher so weit sein sollen. Ursprünglich wäre Micky Maus 1984 nach 56 Jahren Public Domain geworden. Durch eine Verlängerung im Jahr 1978 wurde das Datum auf 2004 verlegt. Anschließend verschob 1998 der Copyright Term Extension Act (teils, wegen der regen Beteiligung Disneys auch „Mickey Mouse Protection Act“ genannt) den Zeitpunkt abermals bis 2024. Daher ist Micky Maus erst seit Anfang des Jahres Public Domain.

Micky Maus ist nicht gleich Micky Maus.

So weit, so einfach, doch wie immer steckt der Teufel im Detail. Denn wenn man es genau nimmt, ist nicht Micky Maus insgesamt zur Public Domain geworden, sondern nur die Versionen der Figur aus den Cartoons von 1928 und die Cartoons selbst. An jüngeren Iterationen, wie der Darstellung von Micky in Fantasia als Zauberlehrling, besteht hingegen auch weiterhin Urheberrechtsschutz. Die charaktertypischen Handschuhe des Mäuserichs etwa, legte er erst ab 1929 an, während er seine Latzhose von Anfang an trug.

Micky, Mickey oder Topolino?

Außerdem ist das Urheberrecht an diesem „Micky Maus 1.0“ theoretisch auch nicht überall erloschen, sondern zunächst einmal nur in den USA. In der EU gilt grundsätzlich eine Schutzdauer von 70 Jahren ab dem Tode des längstlebenden Urhebers (Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte). Diese Vorgabe wurde von den EU-Mitgliedstaaten anschließend umgesetzt, etwa in Deutschland (§  64 UrhG) oder Frankreich (CPI, art. L. 123-1). Und auch in nicht-EU Staaten wie dem Vereinigten Königreich besteht eine „Leben + 70 Jahre“-Regelung (The Duration of Copyright and Rights in Performances Regulations 1995, S. 13B(2)). Der Urheberrechtsschutz an Steamboat Willie und Co. bestünde daher hierzulande noch bis 2041 fort, denn die Schöpfer Walt Disney und Ub Iwerks starben in den Jahren 1966 bzw. 1971.

Die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (RBÜ) gestaltet dieses Regelungsgefüge noch zusätzlich aus. Dem völkerrechtlichen Vertrag von 1886 gehören beinahe alle Staaten der Welt an und er bestimmt internationale Mindeststandards für den Schutz von Urheberrechten. Gem. Art. 7 Abs. 1 RBÜ gilt in allen Vertragsstaaten ein Mindestschutz für 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Darüber dürfen die Vertragsstaaten gemäß Art. 7 Abs. 6 RBÜ allerdings hinausgehen, wovon sie, wie gesehen, regen Gebrauch machen. Gleichzeitig gestattet Art. 7 Abs. 8 RBÜ allerdings auch einen Schutzfristenvergleich. Den Ländern steht es danach frei, ausländischen Werken nur denjenigen Urheberrechtsschutz zukommen zu lassen, den diese in ihren Ursprungsländern genießen.

Kurzum, die Vertragsstaaten wenden gleichzeitig ihr nationales Urheberrecht und die Bestimmungen der RBÜ an. Ergeben sich daraus unterschiedliche Fristen für das Schutzende tritt im Regelfall die frühere Frist ein (vgl. Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2006/116/EG). Und so gelangt man erst über einige Umwege zu der Erkenntnis, dass auch außerhalb der USA der Schutz von Micky Maus 1.0 am 31.12.2023 endete.

Urheberrecht und Markenrecht.

Neben den Urheberrechten hält Disney auch vielerlei Marken rund um Micky Maus, darunter zahlreiche Darstellungen der Figur oder dessen Bezeichnung. Anders als im Urheberrecht ist dieser Schutz nicht zeitlich begrenzt, zumindest solange Disney seine Marken in regelmäßigen Abständen verlängert. Allein für die Bezeichnung „Mickey Mouse“ existieren weltweit rund 450 aktive Marken des Disney-Konzerns.

Gleichzeitig gilt vor allem in den USA, dass Markenschutz nicht als Argument genutzt werden kann, um Freiheiten zu blockieren, die durch das Auslaufen von Urheberrechten entstanden sind (Dastar v. Twentieth Century Fox, 539 U.S. 23 (2003)). Mit anderen Worten müssen sich Kreativschaffende nunmehr auf einem feinen Grat bewegen zwischen der Nutzung des Charakters Micky Maus, wie er in die Public Domain übergegangen ist und der unzulässigen Verletzung noch bestehender Urheber- und Markenrechte. Disney wiederum wird dies vermutlich mit Argusaugen beobachten und gegebenenfalls rechtlich gegen Verstöße vorgehen. Ein Kuriosum wenn man bedenkt, dass gerade Disney es auch dank zahlreicher Werke in der Public Domain, wie Goethes Der Zauberlehrling, Andersens Die Schneekönigin oder diverser grimmscher Märchen zu internationalem Erfolg gebracht hat.