In einer Stichproben-Untersuchung hat die Europäische Kommission bei 42% der untersuchten umweltbezogenen Angaben Mängel feststellen können. Worauf bei umweltbezogenen Angaben geachtet werden sollte und warum die Angaben besondere Aufmerksamkeit erfordern, erläutern wir hier.
Übersicht
Umweltbezogene Angaben
Umweltbezogene Angaben sind solche Angaben die den Eindruck erwecken oder sonst den Anschein vermitteln, dass eine Ware oder Dienstleistung sich positiv oder zumindest nicht nachteilig auf die Umwelt auswirkt oder weniger schädlich für die Umwelt ist als konkurrierende Produkte.[1] Aus der Rechtsprechung sind dabei zum Beispiel „umweltfreundliches Bauen“[2], „CO2-Neutral“ oder „klimaneutral“[3] bekannt.
Die Werbung mit Angaben dieser Art ist grundsätzlich zulässig und dient regelmäßig sogar dem Umweltschutz.[4] Trifft eine solche Behauptung aber nicht zu, wird das Verhalten als „Greenwashing“ bezeichnet; das kann durch jede Form der geschäftlichen Kommunikation geschehen – auch Logos und Produktverpackungen können demnach dem Vorwurf des „Greenwashings“ unterworfen sein.[5]
Rechtliche Grenzen bei umweltbezogenen Angaben
Zunächst muss bei umweltbezogenen Angaben immer Rücksicht auf die fachspezifischen Vorgaben der EU geachtet werden. die Die Werbung mit umweltbezogenen Angabe unterliegt zudem, wie jede andere Werbung grundsätzlich auch dem Anwendungsbereich des UWG und muss sich an dessen Maßstäben messen lassen. Das UWG bietet dabei zum Teil spezielle Regelungen, aber im häufigsten Fall wird es sich beim „Greenwashing“ um irreführende geschäftliche Handlungen im Sinne des § 5 UWG handeln.
Spezifische Vorgaben der EU
Das Recht der Werbung mit umweltbezogenen Angaben ist, im Interesse des Verbrauchers und der Umwelt kleinteilig durch EU-Vorschriften geregelt. Hier finden sich branchen- oder sogar produktspezifische Vorgaben für die umweltbezogenen Angaben:
- RL 2012/27/EU über Energieeffizienz, RL 2010/31/EU über die Energieeffizienz von Gebäuden
- VO 1222/2019/EU über die Kennzeichnung von Reifen und Kraftstoffeffizienz
- RL 2009/72/EG über den Elektrizitätsbinnenmarkt
- RL 2009/125/EG über die Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (CE-Kennzeichnung, sowie insbesondere Art. 14)
- VO 834/2007/EG über die ökologisch/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologisch/biologischen Erzeugnissen (insbesondere Titel IV – Kennzeichnungen)[6]
Ein Verstoß gegen die klar festgelegten Grundsätze zur Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Produkte, soweit sich diese aus den Richtlinien selbst ergeben, stellt eine unzulässige Werbung dar. In bestimmten Fällen kann auch auf die Richtlinien zurückgegriffen werden, wenn im Rahmen des § 5 UWG eine irreführende geschäftliche Handlung bewertet werden soll. Das ist gerade dann der Fall, wenn es branchenspezifische Regelungen gibt, die als Leitlinie dienlich sind.
Spezifische UWG-Vorgaben
Auch im UWG finden sich mehr oder weniger spezifische Vorgaben zu umweltbezogenen Angaben. Im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG findet sich die sogenannte „Schwarze Liste“ mit Handlungen die in jedem Fall unlauter sind. Relevant sind hier zunächst Nr. 1 und 2 der Liste – diese untersagen es mit der Behauptung zu werben man würde Unterzeichner eines bestimmten Verhaltenskodex sein, obwohl das nicht der Fall ist und verbieten die Nutzung von Gütesiegeln oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung. Die Nr. 3 und 4 müssen in diesem Kontext zusätzlich Beachtung finden, wonach es ebenso unzulässig ist damit zu werben, dass ein Verhaltenskodex durch eine öffentliche oder andere Stelle bestätigt ist oder damit, dass einzelne Produkte/Handlungen von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt sind und den Bedingungen für diese Bestätigung entsprochen wird.
Diese sehr abstrakten Tatbestände werden häufig dann relevant, wenn es um Corporate Social Responsiblity geht.[7] Im Geschäftsverkehr hat sich eine nahezu undurchsichtige Landschaft an Siegeln etabliert, die den Verbraucher über einzelne Vorteile eines Produktes aufklären sollen.[8] Diese Siegel werden zum Teil von unbeteiligten Dritten, zum Teil von der öffentlichen Hand und zum Teil von unternehmenseigenen Organisationen vergeben. Jedenfalls bieten sie jedoch einen Anreiz bestimmte Geschäftspraktiken so zu gestalten, dass Werbung mit ihnen möglich ist.
Wird ein solches Siegel genutzt, muss darauf geachtet werden, dass nicht nur intern Repressalien drohen, sondern auch ein UWG-Verstoß möglich ist, wenn man tatsächlich nicht den Anforderungen des Siegels entspricht.
Vorgaben des § 5 UWG
Gemäß § 5 UWG sind irreführende geschäftliche Handlungen untersagt. Die Vorschrift erfasst damit auch viele Fälle umweltbezogener Angaben. Zu den häufigsten Fehlern gehören:
- Pauschale umweltbezogene Werbung ohne aufklärende Hinweise bezüglich des konkreten Umweltbezugs sind regelmäßig irreführend[9] – so findet sich in der Rechtsprechung zum Beispiel die Angabe „Schützt unsere Umwelt! Wie wir von…“ durch eine Lebensmittelfiliale als irreführend gem. § 5 UWG, weil das Unternehmen die typischen Umweltbelastungen der Branche mit sich brachte und keine Einzeltatsachen zur Verfügung stellte.[10] Auch die Bezeichnung „Bioclean“ ist ohne substantiierte Angaben irreführend gem. § 5 UWG.[11]
- An einem konkret beschriebenen Umwelt-Engagement muss sich ein Unternehmen messen lassen.[12] Hier kommen beispielsweise Angaben wie „für jedes gekaufte Produkt pflanzen wir einen Baum“ in Betracht. Typisches Beispiel ist die vor dem BGH verhandelte Krombacher-Regenwaldprojekt-Werbung mit Günther Jauch.[13]
- Behauptungen, die lediglich einen einzelnen Aspekt hervorheben, der sich positiv auf die Umwelt auswirkt, obwohl ein Produkt unter Zugrundelegung der anderen Aspekte in der Summe eine schlechtere Umweltbilanz hat, als vergleichbare Konkurrenzprodukte.[14]
Als Faustregel kann hier darauf geachtet werden, dass spezifische und objektive Angaben zu den konkret umweltfreundlichen Aspekten eines Produktes gemacht werden und generelle umweltfreundliche Angaben nur dann gemacht werden sollten, wenn ein Produkt in der Umweltbilanz tatsächlich umweltfreundlicher ist als vergleichbare Produkte.
Besondere Aufmerksamkeit
Bei umweltbezogenen Angaben sollte immer beachtet werden, dass die Rechtsprechung mit besonderen Anforderungen an die Beurteilung solcher Aussagen herangeht. Aufgrund der stark emotionalisierten Werbewirksamkeit umweltbezogener Angaben und den zum Teil extrem komplexen zugrundeliegenden Faktenlage nimmt die Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen und Aufklärungspflichten an.[15] So ist beispielsweise die Aussage „vorbei sind die Zeiten, da der Zaunanstrich mit diversen umweltgefährdenden Inhaltsstoffen verbunden war“ schon dann unzulässig, wenn auch nur ein einziger umweltschädlicher Stoff in der Zaunlasur enthalten ist, weil unter Berücksichtigung des strengen Maßstabs der Eindruck erweckt wird, die Lasur wäre vollkommen unschädlich.[16]
Fazit und nützliche Links
Umweltbezogene Angaben lässt das Recht grundsätzlich zu. Die Rechtsprechung begrüßt sie sogar als Komponente des unternehmerischen Umweltschutzes und der Verbraucherinformation. Die Angaben müssen sich nichtsdestotrotz an den Vorgaben des UWG messen lassen, wobei besonders aufmerksam auf etwaige Irreführungen geschaut wird. Entsprechend behutsam sollte man mit eigenen umweltbezogenen Angaben vorgehen. Auf der sicheren Seite ist man mit konkreten, wahren und klar verständlichen Angaben, sowie mit offiziellen und anerkannten Gütesiegeln unter den genannten Voraussetzungen.
Umweltbezogene Werbung ist bereits jetzt (mit steigender Tendenz) eine der beliebtesten Werbeformen. Aus den vereinzelten Rechtsprechungsfällen wird sich in den kommenden Jahren sicherlich eine immer kleinteiligere Dogmatik entwickeln. Auch mit neuen EU-Rechtsakten zum Verbraucherschutz ist in diesem Bereich zu rechnen. Es lohnt sich deshalb umweltbezogene Angaben immer genau prüfen zu lassen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Als Orientierungshilfe im EU-Recht bieten sich dabei an:
Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken ab S. 118 (in allen Amtssprachen der Union, 2016)
Leitfaden der französischen Regierung zu umweltbezogenen Angaben (Englisch, 2012)
Quellen
[1] Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken S. 118
[2] BGH GRUR 1996, 367
[3] OLG Koblenz Urt. V. 10.08.2011 9 U 163/11
[4] Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 301
[5] Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken S. 118
[6] Liste übernommen aus: Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken S. 119 (Anmerkung und Hervorhebungen sind nicht übernommen)
[7] Balitzki, in: GRUR 2013, 670
[8] Einen Überblick über die Menge an Siegeln findet sich auf: https://www.siegelklarheit.de/
[9] Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 306
[10] KG Berlin Urt. V. 15.06.1990 – 5 U 1397/90
[11] WRP 1989, 763
[12] Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 308
[13] BGH Urt. V. 26.10.2006 I ZR 97/04
[14] Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken S. 125
[15] Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 301
[16] BGH Urt. V. 4.10.1990 I ZR 39/89