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Unternehmen und Verbraucher haben vielfältige Umweltauswirkungen. Gleichzeitig bewerben zahlreiche Unternehmen ihre Produkte als „klimaneutral“. Die Instanzgerichte haben Rahmenbedingungen abgesteckt, um nicht dem Vorwurf des Greenwashing zu begegnen. Erstmalig hat nun auch der BGH zur Werbung mit „klimaneutral“ entschieden und die strengen Vorgaben bestätigt.

Angesichts der Nachfrage nach umweltschonenden Produkten rücken Umweltaspekte immer mehr in den Vordergrund. Trotz ihrer zahlreichen Umweltauswirkungen und Emissionen werben Unternehmen mit Greenclaims wie „nachhaltig“ oder „klimaneutral“. Derartige Aussagen sind jedoch seit Jahren ein Dorn im Auge der Verbraucherschützer und Wettbewerbsverbände, die regelmäßig den Vorwurf des Greenwashing erheben. Greenwashing sind irreführende Aussagen, die insbesondere bei Verbrauchern den Eindruck einer vermeintlich umwelt- und klimafreundlichen Geschäftspraxis erwecken.

Zahlreiche Unternehmen sind bereits in den Fokus geraten, beispielsweise der Fruchtgummihersteller Katjes, der in einer Fachzeitung der Lebensmittelbranche geworben hat mit der Aussage: „Seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral“ und einem Logo, das den Begriff „klimaneutral“ gezeigt und auf die Internetseite eines „ClimatePartner“ hingewiesen hat. Der Herstellungsprozess der Produkte von Katjes lief jedoch nicht CO2-neutral ab. Die Beklagte hat lediglich über den „ClimatePartner“ Klimaschutzprojekte unterstützt.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hält die Werbeaussage für irreführend und hat hiergegen Klage erhoben. Denn die angesprochenen Verkehrskreise würden annehmen, der Herstellungsprozess selbst verlaufe emissionsfrei. Tatsächlich werde die Klimaneutralität aber allenfalls durch Kompensationszahlungen erreicht. Zumindest der Hinweis darauf, dass Klimaneutralität nur durch solche Kompensationszahlungen erreicht werde, müsse in der Werbung selbst erfolgen.

Das Landgericht (LG Kleve – Urteil vom 22. Juni 2022 – 8 O 44/21) hat die Klage jedoch abgewiesen und auch die Berufung blieb erfolglos (OLG Düsseldorf – Urteil vom 6. Juli 2023 – I-20 U 152/22). Die Werbung in einer Fachzeitung der Lebensmittelbranche richte sich ausschließlich an Fachkreise. Aber selbst ein durchschnittlich informierter Verbraucher verstehe den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen des Unternehmens, wobei ihm bekannt sei, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung bereits im Herstellungsprozess, als auch durch nachträgliche Kompensationsmaßnahmen (z. B. Zertifikatehandel) erreicht werden könne. Der Hinweis auf die Website „ClimatePartner.com“ sei bereits ein ausreichender Hinweis, dass die Klimaneutralität durch Kompensation erreicht werde, sodass schon keine Irreführung nach § 8 i. V. m. § 5 Abs. 1 UWG vorliege. Auch eine Verletzung der Informationspflicht durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 8 i. V. m. § 5a Abs. 2 UWG liege nicht vor. Es reiche aus, wenn der Leser der Anzeige die erforderliche Information entweder über einen QR-Code oder durch Eingabe der genannten Website von „ClimatePartner.com“ erhalte.

Die Revision der Wettbewerbszentrale hatte jedoch Erfolg. Der BGH hat Katjes zur Unterlassung der Werbung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten verurteilt (Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 98/23).

Die beanstandete Werbung ist entgegen den Vorinstanzen bereits gemäß § 5 Abs. 1 UWG irreführend. Die Werbung ist mehrdeutig, weil der Begriff „klimaneutral“ sowohl von den Lesern einer Fachzeitung, als auch von Verbrauchern sowohl im Sinne einer Reduktion von CO2 im Produktionsprozess als auch im Sinne einer bloßen Kompensation von CO2 verstanden werden kann. Im Bereich der umweltbezogenen Werbung ist die Irreführungsgefahr besonders groß und es besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen.

Bei einer Werbung, die einen mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff wie „klimaneutral“ verwendet, muss deshalb zur Vermeidung einer Irreführung regelmäßig bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist. Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung sind insoweit nicht ausreichend. Katjes hätte also schon in der Werbung klarstellen müssen, dass die Klimaneutralität ausschließlich durch Kompensation erfolgt. Dieser Hinweis kann nicht durch ein QR Code oder die Angabe eines Links ersetzt werden.

Nach der unterinstanzlichen Rechtsprechung ist daneben weiterhin eine Aufklärung gemäß § 5a UWG darüber erforderlich, ob bestimmte Emissionen von der CO₂-Bilanzierung ausgenommen wurden. Soweit die Werbeaussage „klimaneutral“ logoartig gestaltet ist, ist ein Hinweis zu erteilen, anhand welcher Kriterien diese Prüfung erfolgt ist.

Um in diesem Spannungsfeld keine Angaben „ins Grüne“ hinein zu machen und nicht in die Greenwashing Falle zu kommen, ist die vorherige Prüfung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit weiterhin unerlässlich.