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Mit Urteil vom 10. April 2024 hat das LAG Düsseldorf entschieden, dass Arbeitgeber, die im Rahmen eines Bewerbungsprozesses Google-Recherchen über Bewerber tätigen, diese darüber informieren müssen. Andernfalls ist mit Schadensersatzzahlungen zu rechnen. (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.04.2024, Az. 12 Sa 1007/23)

Hintergrund

Beklagte in diesem Verfahren ist eine Universität, der Kläger ist Volljurist und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser bewarb sich auf eine befristete Stelle bei der Beklagten. Die Universität führte im Zuge des Bewerbungsprozesses eine Google-Recherche über den Kläger durch, da ein Mitglied der Auswahlkommission den Namen des Bewerbers als bekannt erkannte. Im Zuge dessen wurde eine frühere Verurteilung des Bewerbers wegen (versuchten) Betruges bekannt, was dazu führte, dass die Beklagte die Stelle nicht mit dem Kläger, sondern mit einer anderen Bewerberin besetzte. Dies wurde in einem Auswahlvermerk von der Beklagten dokumentiert, den der Kläger mittels eines datenschutzrechtlichen Auskunftsverlangens erlangte, dem zunächst die Ablehnung der Übermittlung der dem Auswahlverfahren zugrundeliegenden Informationen seitens der Beklagten vorausgegangen war. In dieser Ablehnung sah der Kläger eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte und forderte Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO.

Die Entscheidung

Das LAG Düsseldorf sprach dem Kläger Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Höhe von 1.000 EUR zu.

Das Gericht stellte fest, dass die allgemeine Internetrecherche über den Bewerber als „erforderlich“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO anzusehen ist, da sie notwendig gewesen sei, um die Eignung des Bewerbers beurteilen zu können. Zudem ergebe sich die Zweckbindung des Einstellungsverfahrens in den öffentlichen Dienst aus Art. 33 Abs. 2 GG. Es sei mithin notwendige Aufgabe des öffentlichen Arbeitgebers, die Eignung des Bewerbers festzustellen und zu überprüfen. Im vorliegenden Fall war einem Mitglied der Auswahlkommission bei Durchsicht der Bewerbungsunterlagen der Name des Beklagten bekannt vorgekommen, weshalb eine weitergehende Nachprüfung erfolgte. Dieser Umstand war für die Entscheidung des Gerichts auschlaggebend, weil damit konkrete Anhaltspunkte eine Überprüfung begründeten.

Trotz der festgestellten Erforderlichkeit der Datenverarbeitung sah das Gericht die Informationspflicht aus Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO als verletzt an: Jeder Bewerber müsse grundsätzlich über die Erhebung seiner Daten im Rahmen einer Internetrecherche informiert werden. Insbesondere müsse die Information über die Datenkategorie derart präzise und spezifisch gefasst sein, dass die betroffene Person die mit der Datenverarbeitung verbundenen Risiken abschätzen könne.

Die unterbliebene Mitteilung der Datenkategorien an den Bewerber führt schlussendlich zu einem Schadensersatz in Höhe von 1.000 EUR. Einen Anspruch auf materiellen Schadensersatz aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO lehnte das Gericht jedoch mangels Kausalzusammenhangs ab. Als Begründung der Höhe des immateriellen Schadens führte der Senat unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 04.05.2023, C-300/21 lediglich schematisch aus, dass der Kläger zum bloßen Objekt der Datenverarbeitung geworden sei und einen erheblichen Kontrollverlust mit negativen Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung erlitten habe.

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf ist bisher nicht rechtskräftig, da die Revision vor dem BAG anhängig ist (Az. 8 AZR 117/24).

Fazit

Der Fall betont erneut die Relevanz des Datenschutzes im Arbeitsrecht. Er verdeutlicht jedoch auch die Schwierigkeiten der Bezifferung der Höhe eines Schadens gem. Art. 82 DSGVO, die sich aus den Vorgaben des EuGH im Urteil vom 04.05.2023 – C-300/21 ergeben.

Arbeitgebern ist zu raten, die Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO zu beachten, sofern sie Internet-Recherchen über Bewerber anstellen. Von anlasslosen Recherchen wird grundsätzlich abgeraten, da die rechtlichen Konsequenzen einer Missachtung der datenschutzrechtlichen Auskunftsverlangen erheblich sein können.