Adidas hat einen weiteren Markenrechtsstreit verloren: Wegen der Nutzung von 4 Streifen ging Adidas gegen den Luxusdesigner Thom Browne vor, das Landgericht Nürnberg- Fürth konnte jedoch keine Markenrechtsverletzungen oder unlautere Wettbewerbspraktiken erkennen (Endurteil vom 06.09.2024 – 4 HK O 8208/21). Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, Adidas kann noch Berufung einlegen.
In der Herrenkollektion verwendet der Luxusdesigner Thom Browne des Öfteren ein 4-streifiges Designelement. Dieses beanstandete Adidas nun auch in Deutschland vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth aufgrund der Verletzung ihrer deutschen Markenrechte.
Das parallele Verfahren, in welchem die „Marke mit den 3 Streifen“ gegen Thom Browne in New York verklagte, verlor Adidas bereits 2021. Damals argumentierte der Designer, dass es unwahrscheinlich sei, dass Kundinnen die beiden Marken verwechseln würden, da sie unterschiedliche Kundenkreise ansprechen und sich in anderen Preiskategorien bewegen. Die Preiskategorie ist auch für die deutschen Richter von Relevanz.
I. Die Entscheidung des LG Nürnberg- Fürth
1. Das Gericht widmete sich zunächst dem Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG
Demnach ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
Das Markenrecht verbietet nicht jegliche Verwendung einer Marke durch Dritte, sondern nur sogenannte „markenmäßige“ Benutzungshandlungen. Diese Abgrenzung bildet im vorliegenden Fall eine wichtige Frage.
Eine rechtsverletzende Benutzung eines Zeichens liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn dieses durch den Dritten markenmäßig oder als Marke verwendet wird und diese Verwendung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Garantiefunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann. Es kommt darauf an, ob ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht, was sich nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt. Für die Beurteilung der Verkehrsauffassung ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen.
Die gerügte Jacke wird in Deutschland für 1300€ verkauft, richtet sich also an potenzielle Käufer von Oberbekleidung im Luxussegment. Bei teuren Gütern oder Luxuswaren beschränkt sich aber der angesprochene Verkehr nur auf diejenigen Verkehrsteilnehmer, die auf Grund ihrer Einkommenssituation in der Lage sind, solche Waren nachzufragen.
Zu diesen Verkehrsteilnehmer zählt sich die 4. Kammer selbst (aufgrund der Einkommenssituation ihrer Mitglieder) und stellt fest, dass sie die Auffassung dieses Verkehrskreises aus eigener Sachkunde beurteilen kann. Ein Sachverständigengutachten in diesem Rechtsstreit sei nicht notwendig: Denn ein solches muss nicht veranlasst werden, wenn die Mitglieder der Kammer zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.
Im konkreten Fall kam das Gericht zum Ergebnis, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Bereich der hochpreisigen Luxusgüter besonders aufmerksam sind- also genauer hinschauen: Sie sehen die angegriffene Kennzeichnung der Beklagten nicht als einen Hinweis auf die Herkunft der Ware, sondern als reine Verzierung. Daher findet die Kammer es fernliegend, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in der angegriffenen Gestaltung den Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen sieht- dies ist aber nach Rechtsprechung erforderlich.
Darüber hinaus muss auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abgestellt werden, wobei die Kennzeichnungsgewohnheiten im Bekleidungssektor unterschiedlich ausfallen. Adidas konnte hier nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass es gängige Kennzeichnungspraxis ist, Zeichen am Oberarm als Herkunftshinweis zu verstehen. Adidas argumentierte hier nämlich, dass einzelne Hersteller in die Streifenmuster ihre Marken einbetten. Dass sich dies als Herkunftshinweis eignet, hat nach Auffassung des Gerichts jedoch nichts mit der Position der Zeichen zu tun, sondern mit der Kennzeichnungskraft des jeweiligen Zeichens der Wort- bzw. Bildmarken/Logos der Hersteller.
2. Auch der Unterlassungsanspruch nach §14 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG greift nicht
Demnach ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Hier fehlt es laut Gericht an einer gedanklichen Verknüpfung, denn damit eine rechtsverletzende Benutzung überhaupt erfolgen kann, müssen nach ständiger Rechtsprechung die beteiligten Verkehrskreise die sich gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen. Dies hat wiederum das Gericht anhand verschiedener Voraussetzungen zu beurteilen- wie zum Beispiel der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr.
Nach dieser Norm ist zwar keine markenmäßige Benutzung notwendig. Nimmt man das umstrittene Zeichen jedoch nur als Verzierung wahr, kann man logischerweise keine gedankliche Verknüpfung mit der Klagemarke herstellen. Aufgrund der unterschiedlichen Streifengestaltung entsteht kein Eindruck, dass die Parteien in irgendeiner Verbindung miteinander stehen.
Adidas beanstandet oft und gerne die Verletzung der 3-Streifen-Marke, der Fall zeigt jedoch, dass nicht alle Streifen jeglicher Unternehmen erfolgreich gerügt werden können.