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Hintergrund

Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge sind Unternehmen, die Vertragsschlüsse mit Verbrauchern (auch) online anbieten, seit dem 1.7.2022 verpflichtet, einen Kündigungsbutton nach den Vorgaben des § 312k BGB leicht auffindbar und zugänglich auf ihrer Webseite bereitzustellen. Dies gilt unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auch unabhängig davon, ob der konkrete Vertrag über die Webseite des Unternehmens geschlossene wurde. Entscheidend ist allein die grundsätzliche Möglichkeit hierzu. Der Gedanke ist einfach: Während ein Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr schon seit jeher mit wenigen Klicks möglich ist, wird es Verbrauchern häufig durch umständliche Prozedere schwer gemacht, einen Vertrag wieder zu kündigen. Dies sollte sich nach dem Willen des Gesetzgebers ändern. Eine Kündigung sollte nicht komplizierter als der Vertragsschluss sein.

Rechtsfolgen

Eine fehlende oder mangelnde Umsetzung berechtigt zum einen Verbraucher zur fristlosen Kündigung des Vertrages. Zum anderen sind Unternehmen bei unzureichender Umsetzung abmahngefährdet.

Die Verbraucherzentralen haben zwischen dem 18. Juli und 14. Oktober 2022 nach eigenen Angaben insgesamt 840 Seiten geprüft. Nach ihrer Auffassung erfüllten nur 273 Websites die gesetzlichen Anforderungen – das heißt in nur knapp drei von zehn Fällen. Dabei fehlte der Kündigungsbutton in den meisten Fällen vollständig. Es erfolgten insgesamt 152 Abmahnungen wegen unvollständiger oder ausgebliebener Umsetzung. Mit Stand vom 2. November 2022 teilten die Verbraucherzentralen mit, 86 Unterlassungserklärungen erhalten zu haben.

Nicht nur das komplette Fehlen des Kündigungsbuttons, bereits die unvollständige oder falsche Umsetzung kann zu berechtigten Abmahnungen oder dem Entstehen eines sofortigen Kündigungsrechts führen. So zum Beispiel, wenn auf der Bestätigungsseite ohne sachlichen Grund mehr als die gesetzlich vorgesehenen Informationen abgefragt werden, die Schaltflächen falsch beschriftet sind oder die Schaltflächen nicht leicht auffindbar sind.

Umstritten ist hingegen eine für viele Unternehmen wesentliche Frage – nämlich ob der Kündigung ein Log-in vorgeschaltet sein darf. Während das für die Erreichbarkeit der 1. Stufe (Sichtbarkeit des Kündigungsbuttons) wohl zu verneinen ist, sprechen zumindest bei Verträgen, die nur unter Anlegen eines Passworts geschlossen werden können und sofern eine Alternative (z.B. eine „Passwort vergessen“ – Funktion) angeboten wird, gute Argumente dafür, den Zugang zur Bestätigungsseite ein Log- in vorzuschalten. Anders sieht dies das LG Köln:

Erste Entscheidung zum Kündigungsbutton – Zwingende Abfrage des Passworts grundsätzlich unzulässig

Das Landgericht Köln hatte sich mit einer Abmahnung zu befassen, welche bereits Wochen nach der Umsetzungsfrist erfolgte. Abgemahnt wurde eine Telekommunikationsanbieterin, welche Kündigungen über eine entsprechende Schaltfläche zwar ermöglichte, aber den Zugang zur zweiten Schaltfläche von einem Login abhängig machte. Das Landgericht Köln hat im Eilverfahren mit Beschluss vom 29.07.2022 (Az. 33 O 355/22) entschieden, dass die Umsetzung durch die Antragsgegnerin nicht den Anforderungen des § 312k BGB entspreche.

Die Kammer sieht in den im Gesetz unter § 312k Abs. 2 Nr. 1 BGB aufgezählten Informationen sowohl eine Minimalvorgabe als auch eine Maximalvorgabe. Ferner baue die Antragsgegnerin durch die Abfrage des Kundenkennworts eine Hürde auf, die in der genannten Vorschrift nicht vorgesehen und geeignet ist, den Verbraucher von der Kündigung abzuhalten, weil ihm das Kennwort möglicherweise nicht zugänglich ist.

Die Kammer hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob sie eine derartige Hürde auch als gegeben sieht, sofern das Passwort mit Hilfe einer gängige „Passwort vergessen?“-Funktion über automatisierte Prozesse zurückgesetzt werden kann. Der Aufwand des Verbrauchers bestünde darin, sich in sein E-Mail-Postfach einzuloggen, um über einen Link das Passwort zu reinitialisieren. Die Rechtsprechung wird noch klären müssen, ob die Schwelle der mangelhaften Umsetzung bereits bei der Schaffung „nicht zwingend erforderlicher“ oder erst bei „unzumutbaren“ Hürden überschritten ist. Der Beschluss des Landgerichts deutet in die erste Richtung hin, obgleich sich dies entgegen der Auffassung der Kammer nicht zwingend aus dem Wortlaut der Norm ergibt. Das Passwort ist durchaus eine Information, die zur eindeutigen Identifizierbarkeit des Verbrauchers dient und ist damit nach § 312k Abs. 2 Nr. 1 lit. b BGB zulässig. Die Formulierung des Gesetzgebers ist weit, sodass den Unternehmen ein flexibler Rahmen eingeräumt werden sollte. Es ist zu erwarten, dass die Problematik der konkreten Ausgestaltung des Kündigungsbuttons sowohl Rechtsprechung als auch Praxis auch in Zukunft beschäftigen wird.

Weitere Entscheidung zum Kündigungsbutton – Kündigungsbutton darf nicht versteckt werden

Die Verbraucherzentrale NRW hat den Pay-TV Anbieter Sky nach erfolgloser Abmahnung vor dem Landgericht München verklagt, da dessen Online-Kündigungsbutton aufgrund der Positionierung und konkreten Gestaltung auf der Website versteckt sei. Das LG München hat der Verbraucherzentrale in der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 16.11.2023 (Az. 12 O 4127/23) Recht gegeben: Der Button sei weder leicht auffindbar noch gut lesbar und erschwere damit den Verbrauchern die Kündigung in rechtswidriger Weise.

Einerseits war der Kündigungsbutton in dem Reiter „Weitere Links anzeigen“ nicht leicht auffindbar, sondern neben zahlreichen anderen Verlinkungen aufgelistet. Diese „Zwei-Klick-Lösung“ wurde kritisiert. Außerdem war die Schaltfläche nicht so gut lesbar wie der Button, der zum Vertragsschluss führte. Der Vertragsschlussbutton war gestalterisch und farblich blau hervorgehoben auf der Website positioniert, wohingegen die Kündigungsschaltfläche kleiner und grau hinterlegt wurde.

Fazit

  • Unternehmen sollten den Kündigungsprozess ohne zwingenden Grund nicht von einem zwingenden Log-in abhängig machen. Denkbar ist, das Einloggen zur schnelleren Umsetzung der Kündigungserklärung als Alternative anzubieten.
  • Die Anforderungen an den Kündigungsbutton werden in der vorliegenden Entscheidung – erwartungsgemäß – eng ausgelegt. Unternehmen sollten nur Informationen abfragen, die objektiv erforderlich sind, um die Kündigung einem Kunden zuzuordnen. Es geht an dieser Stelle weder um eine sichere Legitimation des Kunden noch um die internen Abläufe des Unternehmens. Auch eine Abfrage nach dem Grund/Feedback für die Kündigung darf nicht als zwingende Angabe abgefragt werden. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Art der Kündigung (außerordentlich/ordentlich), welche wiederum nach dem Gesetz stets abzufragen ist. Nutzen Sie auch unsere Checkliste, die Sie hier finden können.
  • Unternehmen sollten keine Seiten zwischen die beiden Schaltflächen einbauen (z.B.: Wollen Sie vielleicht doch bei uns bleiben? – Wir bieten Ihnen drei Gratismonate!). Angebote, um den Kunden zu einem Festhalten am Vertrag zu bewegen, sind legitim und sollten auf der zweiten Seite – dezent – möglich sein. Hier ist besonders darauf zu achten, dass der Kündigungsprozess nicht behindert wird. Entsprechendes gilt für Pop-up-Fenster, sodass diese zulässig sein dürften, sofern sie die Kündigung nicht erschweren.
  • Die erste Schaltfläche („Verträge hier kündigen“) muss leicht auffindbar sein. Wo und wie diese zu platzieren ist, hängt von der Aufmachung Ihrer Webseite ab. Es ist besonders auf die mit dem Vertragsschlussbutton gleichgesetzte Darstellung und leicht auffindbare Platzierung des Kündigungsbuttons zu achten. Zu berücksichtigen sind dabei auch Schriftgröße und Kontrast.

Sie hören zum ersten Mal vom Kündigungsbutton? Lesen Sie auch den Beitrag von Marlene Schreiber vom 4.4.2022 oder schauen Sie das Webinar von Marlene Schreiber und Dr. Martin Schirmbacher auf unserem YouTube Kanal.